Dtsch Med Wochenschr 2011; 136(49): 2537-2541
DOI: 10.1055/s-0031-1292834
Originalarbeit | Original article
Suchtmedizin
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der Leitfaden „Medikamente – schädlicher Gebrauch und Abhängigkeit“ im ärztlichen Arbeitsalltag

Eine Studie unter Kursteilnehmern zum Erwerb der Zusatzweiterbildung „Suchtmedizinische Grundversorgung“The manual „Problematic use and dependence of prescipted drugs“ in daily routine care – a study among participants in a training to qualify in „primary addiction treatment“
S. Ulbricht
1   Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin
,
B. Groß
2   Institut und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
,
W. Kunstmann
3   Bundesärztekammer Berlin
,
C. Meyer
1   Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin
,
U. John
1   Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

16 March 2011

18 August 2011

Publication Date:
30 November 2011 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund: Um Ärzte gegenüber der Thematik „Schädlicher Gebrauch bzw. Abhängigkeit von psychotropen Medikamenten“ zu stärken, wurde 2007 von der Bundesärztekammer ein Leitfaden herausgegeben. Die Studie untersucht bei ärztlichen Kursteilnehmern zum Erwerb der Zusatzweiterbildung „Suchtmedizinische Grundversorgung“ den Umfang der Beschäftigung mit dem Leitfaden und seine Relevanz für den Arbeitsalltag sowie die selbsteingeschätzte Veränderung bei der Verschreibung psychotroper Medikamente, nach der Beschäftigung mit dem Leitfaden.

Methoden: Der Leitfaden wurde zwischen dem 1.9.2008 und dem 31.12.2009 bundesweit und systematisch an alle Teilnehmer der von den Landesärztekammern durchgeführten Kurse zum Erwerb der Zusatzbezeichnung „Suchtmedizinische Grundversorgung“ ausgegeben. Bei Einverständnis zur Studienteilnahme erfolgte nach 12 Wochen eine telefonische Befragung. Von 542 Kursteilnehmern wurden 268 erreicht.

Ergebnisse: Von 241 Ärzten, die den Erhalt des Leitfadens bestätigten, hatte sich ein Anteil von 60,7 % über den Kurs hinaus mit diesem beschäftigt. Von 178 Ärzten, die angegeben hatten, psychotrope Medikamente zu verschreiben, bestätigten 56 eine Änderung ihres Verschreibungsverhaltens. War der geschätzte Anteil neu aufgenommener Informationen aus dem Leitfaden hoch, bestand eine erhöhte Wahrscheinlichkeit das Verschreibungsverhalten verändert zu haben.

Schlussfolgerung: Das Interesse am Leitfaden über den Kurs hinaus sowie der Umfang selbsteingeschätzter Veränderung im Verschreibungsverhalten sollte ermutigen, ihn systematisch in Fort- und Weiterbildungsangebote einzubeziehen.

Abstract

Background: To strengthen the position of physicians regarding problematic use and dependence of prescripted drugs a manual was issued by the German Medical Association in 2007.  A study among participants in a training to qualify in „primary addiction treatment“ was conducted. The utilisation of the manual, its relevance for routine care and self-estimated changes in drug prescription were examined.

Methods: All 542 participants in training courses between 1.9.2008 and 31.12.2009 were asked about participation in a survey 12 weeks later. A number of 267 took part in this investigation.

Results: A proportion of 60,7 % among GPs that received the manual dealt with them beyond the training course. From 178 physicians, who confirmed the provision of drug prescription, a number of 56 stated changes in their drug prescription. A higher probabilty for changes in drug prescription was given in case of a high percentage of new informations that could be culled from the manual.

Conclusion: The interest for the manual beyond the training course and the amount of self-estimated changes in drug prescription should encourage to use this within training measures in a systematic way.

 
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