Aktuelle Urol 2012; 43(04): 209-210
DOI: 10.1055/s-0032-1322489
Referiert und kommentiert
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Harnblasenkarzinom – Wie lange zystoskopisch kontrollieren nach BCG?

Further Information

Publication History

Publication Date:
06 August 2012 (online)

 

Die Instillation von Bacillus Calmette-Guérin (BCG) wird schon lange in der Therapie von Carcinomata in situ der Harnblase eingesetzt sowie zur Rezidivprophylaxe bei Karzinomen im Stadium Ta / T1. Laut dieser aktuellen Studie sollte die Nachsorge tumorfreier Patienten nach einer BCG-Behandlung länger als 5 Jahre erfolgen sowie bei Patienten mit einem Rezidiv oder hochgradigen Läsionen vor der BCG-Behandlung > 10–15 Jahre.
Eur Urol 2012; 61: 503–507

mit Kommentar

Die Autoren Sten Holmäng und Viveka Ströck, Sahlgrenska University Hospital, Göteborg / Schweden, gingen der Frage nach, wie lange das Follow-up im Anschluss an eine BCG-Behandlung bei tumorfreien Patienten nach einem Harnblasenkarzinom fortgeführt werden soll. Dafür analysierten sie die Daten von 542 Patienten mit einem die Muskulatur nichtinfiltrierenden Harnblasenkarzinom, die zwischen 1986 und 2003 mit mindestens einer intravesikalen BCG-Instillation behandelt worden waren. Die regulären Nachsorgeuntersuchungen beinhalteten eine Zystoskopie mit Zytologie alle 3–6 Monate in den ersten 2–3 Jahren, gefolgt von jährlichen Endoskopien. Ein Rezidiv war dabei definiert als das erneute Auftreten eines Tumors im unteren oder oberen Harntrakt mit Nachweis einer urothelialen Malignität oder als Nachweis von malignen Zellen in der Harnblasenzytologie. Als Progression galt ein Fortschreiten des Tumors in ein Stadium T2 oder die Bildung von Metastasen. Die Autoren verglichen mindestens 5 Jahre nach BCG-Behandlung tumorfreie Patienten und nicht tumorfreie Patienten im Hinblick auf:

  • Alter,

  • Geschlecht,

  • Tumorgrad,

  • Tumorstadium,

  • Anzahl und Größe der Tumoren oder

  • vorausgegangene Chemotherapie.

Die Rezidivrate aller Patienten lag bei 0,36 pro Jahr, berechnet vom Zeitpunkt der BCG-Behandlung bis zum letzten Followup. Von den 542 Patienten der Ursprungskohorte hatten 204 (37,6 %) ein tumorfreies Intervall von mindestens 5 Jahren während irgendeines Zeitraums im gesamten Follow-up. 74 der 204 Patienten (36,3 %) entwickelten dabei zunächst ein Rezidiv innerhalb der ersten 5 Jahre nach der BCGTherapie, zeigten anschließend aber ein mindestens 5-jähriges tumorfreies Intervall. 10,8 % (n = 24) der 204 Patienten, die mindestens 5 Jahre tumorfrei waren, entwickelten nach 5 Jahren ein Rezidiv, was einer Rate von 0,04 Rezidiven pro Jahr entspricht.

Zehn Jahre nach der ersten BCG-Instillation waren noch 82,3 % der Patienten mit einer initialen TaG1-TaG2-Läsion und 91,3 % mit einer initialen TaG3/CIS / T1-Läsion tumorfrei, nach 15 Jahren 65,4 % vs. 86,0 %. Das Rezidivrisiko nach 10 Jahren lag für die mindestens 5-Jahre-tumorfreien Patienten bei 12,5 %, das nach 15 Jahren bei 20,5 %. Spätrezidive kamen dabei 8,5-mal häufiger bei Patienten vor, die vor der BCG-Behandlung bereits ein Rezidiv erlitten hatten. Von den 338 Patienten, die nicht für mindestens 5 Jahre tumorfrei waren, kam es bei 24 % (n = 81) zu einer Progression in ein Stadium T2 und höher. Eine direkte BCG-Behandlung nach der Diagnose des ersten Blasentumors verringerte das Risiko für ein Spätrezidiv im Vergleich zu Patienten, die mehrere Tumorepisoden vor der der BCG-Therapie hatten.

Innerhalb der ersten 5 Jahre nach der intravesikalen BCG-Behandlung verstarben 10,5 % der Patienten (n = 57) infolge eines Urothelkarzinoms und 17,7 % (n = 96) an einer hinzukommenden Krankheit. Zwischen dem 6. und 25. Jahr verstarben 5,9 % der Patienten (n = 32) infolge eines Urothelkarzinoms und 27,7 % (n = 150) an einer anderen Krankheit. Am Ende des Analysenzeitraums (Juni 2011) waren noch 38,2 % der Patienten (n = 207) am Leben.

Fazit

Eine tumorfreie Periode von ≥ 5 Jahren nach einer BCG-Instillation ist bei Patienten mit Harnblasenkarzinom ein prognostisch günstiges Zeichen, wenngleich Rezidive in dieser Studie auch nach mehr als 10 Jahren auftraten. Es wäre zwar denkbar, bei Patienten mit TaG1-G2-Tumoren die Kontrolluntersuchungen nach der 5-jährigen, tumorfreien Periode einzustellen und diese auf das Auftreten einer Hämaturie zu sensibilisieren, so die Autoren. Da die Zystoskopie ein einfaches Verfahren und leicht 2-jährlich durchführbar sei, raten sie jedoch zu einem Follow-up > 5 Jahre. Für Patienten mit einem Rezidiv oder hochgradigen Läsionen vor der BCG-Behandlung scheint dagegen ein Langzeit-Follow-up von > 10–15 Jahren indiziert.

Dr. Johannes Weiß, Bad Kissingen