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DOI: 10.1055/s-0032-1331193
Leserbrief zu Hammer P. Chemoprävention des Prostatakarzinoms. Akt. Uro. 2012; 43 (Editoral Comment)
Publication History
Publication Date:
04 February 2013 (online)
Leserbrief zu Hammerer P. Chemoprävention des Prostatakarzinoms. Akt. Urol. 2012; 43 (Editorial Comment)
Sehr geehrte Damen und Herren,
in seinem Editorial zu unserer Übersichtsarbeit zur Chemoprävention des Prostatakarzinoms fasst Prof. Dr. Peter Hammerer die kontroverse Diskussion bezüglich einer Chemoprävention mit 5α-Reduktase-Hemmern zusammen und weist insbesondere auf die Argumente der Kritiker eines solchen Vorgehens hin [1] .
Die Autoren der Arbeit bedanken sich an dieser Stelle dafür, dass der in der o.g. Arbeit geäußerte Wunsch nach einer offenen Diskussion zu diesem schwierigen Thema durch die Herausgeber der Aktuellen Urologie aufgegriffen worden ist. Die Arbeit hat damit eines ihrer wesentlichen Ziele erreicht.
Wir möchten mit diesem Schreiben nochmals darauf hinweisen, dass es an der Zeit ist, die Debatte zur Frage eines erhöhten Risikos von Gleason-Score 7–10-Tumoren unter 5α-Reduktase-Hemmern zu einem Abschluss zu bringen. Wir sollten akzeptieren, dass in einer Prostata mit einem um rund 25% verminderten Volumen ein Tumor früher erkannt wird als in einer größeren Prostata [2] . Diese Folgerung ist so logisch, dass eine Bestätigung durch eine Phase-III-Studie nicht erforderlich ist. Man könnte höchstens der Studienleitung von PCPT oder REDUCE den Vorwurf machen, diesem Effekt im Studiendesign nicht Rechnung getragen zu haben. Die konsequente Fortführung dieses Gedankens führt aber unmittelbar zu der Frage, ob die Risikoreduktion bei gut differenzierten Tumoren durch 5α-Reduktase-Hemmer vielmehr nicht sogar unterschätzt wird.
Gemeinsam mit Prof. Hammerer halten auch wir eine Risikoreduktion von low-grade-Tumoren für klinisch relevant: Etliches der teilweise berechtigten Kritik in Bezug auf eine Überbehandlung von niedrig-Risiko-Patienten würde sich für Patienten unter 5α-Reduktase-Hemmern erübrigen – und umgekehrt könnte ein früherer Nachweis von Risikotumoren die Prognose der betroffenen Patienten günstig beeinflussen.
Prof. Hammerer weist auf die Ablehnung des Zulassungsantrages für Dutasterid zur Prävention des Prostatakarzinoms hin. Die Autoren der Arbeit vertreten den Standpunkt, dass eine solche Ablehnung nichts an der tatsächlichen Datenlage ändert. Sie möchten darauf hinweisen, dass auch die Empfehlungen hochkarätiger Kommissionen wie der Food and Drug Administration (FDA) oder auch des Deutschen Instituts für Qualitätssicherung und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) keinen Anspruch auf die absolute Wahrheit haben und daher kritisch hinterfragt werden können und müssen.
Es ist sicherlich richtig, dass bislang keine Untersuchungen zum Einfluss von 5α-Reduktase-Hemmern auf Metastasierung, Morbidität und Prostatakarzinom-spezifische Mortalität vorliegen. Wir möchten hinzufügen, dass auch Längsschnittuntersuchungen zur Lebensqualität ausstehen. Die bereits vorhandenen Kohorten aus PCPT und REDUCE sollten aber zu diesen Fragen weiter untersucht werden.
Prof. Hammerer beweist mit seinem abschließenden Statement viel Mut. Er zeigt einen Weg auf, der einerseits medizinische Evidenz aber ebenso vorhandene juristische Aspekte berücksichtigt. Wir wissen, wie wenig praktikabel das beschriebene Vorgehen ist – es wird sich nur für Einzelfälle eignen –, aber die Priorisierung wissenschaftlicher Erkenntnisse gegenüber formalen Aspekten stellt einen wichtigen Schritt auf dem noch langen Weg zur praktischen Chemoprävention des Prostatakarzinoms dar.
Bernd J. Schmitz-Dräger
Ekkehardt Bismarck
Claus Fischer
Oliver Schöffski
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Literatur
- 1 Schmitz-Dräger BJ, Bismarck E, Fischer C. Chemoprävention des Prostatakarzinoms – Ein Plädoyer . Akt Urol 2012; 43: 1-5
- 2 Cohen YC, Liu KS, Heyden NL et al. Detection bias due to the effect of finasteride on prostate volume: a modeling approach for analysis of the Prostate Cancer Prevention Trial . J Natl Cancer Inst 2007; 99: 1366-1374