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DOI: 10.1055/s-0033-1341673
Blutzuckerselbstmessung versus Glukosebestimmung im Labor bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes – eine DPV-basierte Studie zur Genauigkeit der SMBG sowie deren Auswirkung auf die Stoffwechsellage
Blutzuckerselbstmessungen (SMBG) spielen in der Therapiekontrolle und Dosisanpassung bei Typ-1-Diabetes eine essentielle Rolle. Die Qualitätsanforderungen an die Blutzuckermesssysteme zur Eigenanwendung sind in der DIN EN ISO 15197 aus dem Jahr 2004 festgeschrieben, eine Neufassung mit strengeren Kriterien liegt als Entwurf vor.
Ziel der vorliegenden Studie war die Erfassung der Genauigkeit der SMBG von Kindern und Jugendlichen mit Typ 1-Diabetes im Vergleich zu parallel im Labor gemessenen Glukosewerten sowie der möglichen Auswirkung auf HbA1c und Hypoglykämierate. Mittels der DPV-Datenbank konnte auf Blutglukose(BG)-Parallelmessungen von 9185 Typ-1-Patienten < 18 Jahre des Zeitraums 2004 – 11 zurückgegriffen werden. In Error-Grid-Analysen nach Clarke [respektive Parkes] lagen die Mittelwerte für den Anteil der Messungen in Zone A (maximal 20% Abweichung vom Referenzwert) der Jahre 2004 – 11 zwischen 94,2 und 97,2% [94,7 – 96,7%]. Weder Geschlecht noch Diabetesdauer noch Altersgruppe (drei Gruppen: 1 – 6; 6 – 12; 12 – 18 Jahre) beeinflusste in einer logistischen Regression unter Berücksichtigung des Behandlungszentrums als Zufallsvariable jeweils den Anteil an Zone-A-Messungen signifikant. Der Anteil der SMBG, der die aktuell noch gültige DIN-Norm erfüllte, lag über die untersuchten Jahre im Bereich von 94,0 – 96,9% und genügte damit teilweise den Mindestanforderungen (> 95%) nicht. Die enger gefassten Kriterien der geplanten DIN-Norm-Neufassung konnten nicht erfüllt werden: Im Mittel lagen zwischen 88,9 – 91,9% der SMBG-Werte im geforderten Toleranzbereich (Vorgabe: > 95%). Nach Einteilung der SMBG (14198 verwendete Messwerte, Jahre 2004 – 11, jeweils aktuellste Messung pro Patient) in Quartile entsprechend ihrer Abweichung zur Labormessung „viel zu hoch“ (Q1), „zu hoch“ (Q2), „zu niedrig“(Q3), „viel zu niedrig“ (Q4) ergab sich in der linearen Regression, unter Berücksichtigung des Behandlungszentrums als Zufallsvariable, ein signifikant höherer HbA1c-Wert wenn die SMBG-Ergebnisse zu niedrig liegen (Vergleich Q1/Q4, Q2/Q4 sowie Q3/Q4: P-Wert jeweils < 0,0001). Ebenfalls unter Verwendung der erwähnten Quartile (14866 Messwerte-Paare) zeigte sich im Poisson-Regressionsmodell ein signifikanter Einfluss der Abweichungen zur Labormessung auf die Häufigkeit schwerer Hypoglykämien: Der P-Wert von Q1 verglichen mit Q2, Q3 und Q4 lag jeweils < 0,0001.
Zusammenfassend zeigt sich, dass die derzeit verwendeten Blutzuckermessgeräte zur Selbstkontrolle keinesfalls den geplanten neuen und nur knapp den derzeit gültigen Qualitätsanforderungen genügen. Abweichungen der SMBG von den „wahren“ BZ-Werten beeinflussen die Stoffwechsellage negativ und gehen mit häufigeren, die Patienten akut gefährdenden unerwünschten Ereignissen einher. Rasche Verbesserungen und Umsetzung der Qualitätskriterien sind zu fordern.