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DOI: 10.1055/s-0033-1341725
Evaluation eines Strukturvertrages zur Inzidenz des Gestationsdiabetes auf der Basis von Sekundärdaten
Fragestellung: Mit dem Ziel einer frühzeitigen Erkennung eines Gestationsdiabetes (GDM) wurde am 07.12.2009 ein Strukturvertrag gemäß §73a SGB V zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung (KVS) und der AOKplus geschlossen. Ziel der wissenschaftlichen Begleitung des Vertrages war der Nachweis der Effektivität und der Feasibility eines Screenings auf GDM in der Regelversorgung (Versorgungsforschung) sowie die Gewinnung valider epidemiologischer Daten zum GDM (Epidemiologische Forschung). Darüber hinaus soll die wissenschaftliche Begleitung die Herausbildung leistungsfähiger integrativer Betreuungsstrukturen mit Prävention eines Typ-2-Diabetes post partum unterstützen.
Methodik: Alle AOK-versicherten Schwangeren in Sachsen sollen nach Feststellung der Schwangerschaft durch den behandelnden Gynäkologen gescreent werden. Je nach Risikosituation der Schwangeren können ein bis drei Tests auf GDM während einer Schwangerschaft durchgeführt werden. Als Screeningtest war ein 75 g oGTT mit Bestimmung nüchtern sowie 1- und 2-h postprandial vorgeschrieben. Die Grenzwerte wurden an die aktuellste DDG-Leitlinie adaptiert.
Die Evaluation basiert ausschließlich auf Sekundärdaten verschiedener Quellen: Abrechnungsdaten der KVS und der AOKplus, Glukosewerte aus vier Laboratorien sowie Daten aus dem BQS-Datensatz Geburtshilfe (Perinatalerhebung) der Projektgeschäftsstelle Externe Qualitätssicherung (PGS) und zwar:
- auf dem Vergleich der im Rahmen des Vertrages diagnostizierten und behandelten Schwangeren mit den Frauen, die im Rahmen der Regelversorgung betreut wurden und
- auf dem Vergleich der Ergebnisse der Jahre 2010 und folgende mit denen des Jahres 2009 (Prä-Post-Vergleich).
Ergebnisse: Am Strukturvertrag nehmen nach einer Anlaufphase bis zu 76% (N = 438) der abrechnungsberechtigten Gynäkologen teil. Mit dem Strukturvertrag und dessen wissenschaftlicher Begleitung können erstmalig konkrete belastbare epidemiologische Daten zum GDM auf der Basis einer Sekundärdatenanalyse verschiedener Quellen in einem ganzen Bundesland vorgelegt werden. Nach den Evaluationsergebnissen muss die Inzidenz eines GDM bei einem gezielten Screening – je nach Definition – zwischen 10,6 und 14% geschätzt werden und ist damit bis zu 4-fach häufiger als bisher in der Perinatalerhebung erfasst. Ein GDM wird ohne gezielte Diagnostik häufig nicht erkannt und deshalb nicht behandelt. Das zeigte sich am signifikant besseren Gesundheitszustand der Neugeborenen von Müttern, die vertragsgemäß getestet wurden, im Vergleich zu den Nicht-Getesteten, was sich in einer geringeren Verlegungsrate in eine Kinderklinik, in einer niedrigeren Früh- und Totgeburtenrate sowie weiterer Outcome-Parameter widerspiegelte.
Schlussfolgerungen: Die Evaluationsergebnisse zeigen, dass die Inzidenz eines GDM tatsächlich um ein Vielfaches höher ist als bisher in der Perinatalerhebung erfasst. Insbesondere das kindliche Outcome hat sich durch das Screening signifikant verbessert.