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DOI: 10.1055/s-0033-1341855
Lebenschancen junger Erwachsener mit Typ 1 Diabetes
Fragestellung: Typ 1 Diabetes ist mit besonderen Herausforderungen für junge Erwachsene verbunden, z.B. eigenständiges Therapiemanagement in Zusammenhang mit Berufswahl, Partnerschaft und Familiengründung. In einer Querschnittsstudie werden das soziodemografische Profil, die gesundheitliche Situation und psychosozialen Belastungen einer repräsentativen niedersächsischen Stichprobe untersucht. Dabei werden die „Lebenschancen“ mit Diabetes, die Determinanten des HbA1c und spezifische Bedürfnisse junger Erwachsener dargestellt.
Methodik: In 26 niedersächsischen Diabeteseinrichtungen beantworteten junge Erwachsene (18 – 30J.) anonym Fragebogen zu ihrer Lebenssituation. Die Bogen umfassten soziodemographische und diabetesspezifische Angaben sowie validierte Fragebogen zum Wohlbefinden (WHO-5), zu Angst und Depression (HADS-D) und zu diabetesspezifischen Belastungen (PAID).
Ergebnisse: Es beteiligten sich 306 Patienten (47% weiblich; Alter 24,1 ± 3,5J, Diabetesdauer 11,7 ± 5,8J; 43% CSII vs. 57% MDI). Eine somatische Komorbidität gaben 19,7%, eine psychische Komorbidität 10,6%, Folgeerkrankungen 12,9% und ein kritisches Lebensereignis (12 Monate) 33,2% an. Das mittlere HbA1c betrug 8,3 ± 1,6% (CSII 8,0 ± 1,4 vs. MDI 8,4 ± 1,8; p = 0,021). Der mittlere Score im WHO-5 betrug 13,5 ± 0,3. Bei 15,4% war der Wert < 8 (sehr niedrige QoL). Die cut-off Werte im HADS-D wurden für eine Angststörung von 6,1%, für eine Depression von 4% der Teilnehmer überschritten. Der mittlere Summenwert im PAID betrug 26,8 ± 19,8. Dabei lagen 24,7% der Teilnehmer über dem kritischen Wert von 39 (deutliche Belastung). Hauptbelastungen betrafen „Angst vor Folgeerkrankungen“ und „Schuldgefühle“. Der Diabetes beeinflusste die Berufswahl bei 25,7%, die Berufstätigkeit bei 26%, die Partnerschaft bei 12,5%, den Kinderwunsch bei 28,3% und die Beziehung zu den Eltern bei 18,4%. Signifikante Assoziationen (jeweils p < 0,05) zum HbA1c ergaben sich für die psychische Komorbidität, das Vorliegen kritischer Lebensereignisse, die Belastung im PAID und die QoL im WHO-5. Dagegen waren die Assoziationen zur Therapieform und zur somatischen Komorbidität gering ausgeprägt. Die Belastungen junger Frauen waren in allen psychischen Fragebogen signifikant höher als die der Männer.
Schlussfolgerungen: Junge Erwachsene stehen vor erheblichen Herausforderungen bei der Integration des Diabetesmanagements in ihren Alltag. Dies gilt vor allem für die Bereiche Berufleben und Partnerschaft. Etwa ein Viertel der jungen Menschen ist von Ängsten vor Folgeerkrankungen, Unsicherheit im Selbstmanagement, Schuldgefühlen und eingeschränkter Lebensqualität betroffen. Demgegenüber ist es der Majorität der Befragten gelungen, die chronische Krankheit gut in ihren Alltag zu integrieren. Mit Blick auf die noch folgende Diabetesdauer sollten spezifische Beratungsangebote für diesen Lebensabschnitt konzipiert werden, um die Belastungen zu reduzieren und damit die Therapiemotivation zu verbessern.
Förderung: Deutsche Diabetes Stiftung