XX Die Zeitschrift für Frauen in der Medizin 2014; 3(3): 135-136
DOI: 10.1055/s-0034-1386619
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Kardiologie – Schmerzen bei Herzinfarkt sind nicht geschlechtsspezifisch

Christoph Feldmann
,
Dunja Voos
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Publication Date:
25 August 2014 (online)

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Bisher war unklar, ob geschlechtsspezifische Brustschmerz-Charakteristika erlauben, Patientinnen mit akutem Myokardinfarkt genauer von solchen zu unterscheiden, deren akuter Brustschmerz auf andere Ursachen zurückgeht. Geschlechtsspezifische Schmerz-Charakteristika könnten die Behandlung eines etwaigen akuten Myokardinfarkts bei Frauen verbessern.

90 % aller Patienten mit akutem Myokardinfarkt (AMI) präsentieren sich zwar mit dem typischen Leitsymptom Brustschmerz, 10 % aber haben atypische Symptome. Seit einiger Zeit gilt den geschlechtsspezifischen Unterschieden bei Symptompräsentation, Diagnose und Behandlung kardialer Erkrankungen höhere Aufmerksamkeit. Obwohl sich viele Studien mit einer besseren Charakterisierung kardialer Erkrankungen bei Frauen befasst haben, ist bisher unklar, ob die Identifizierung geschlechtsspezifischer Brustschmerz-Charakteristika bei der Diagnosestellung hilfreich ist.

Um geschlechtsspezifische Unterschiede her-auszuarbeiten, schlossen Gimenez et al. in ihre multizentrische Studie 2475 konsekutive Patienten und Patientinnen ein, die sich mit Brustschmerzen in der Notaufnahme vorgestellt hatten. Die Schmerzen mussten in den vorangegangen 12 Stunden begonnen oder einen Höhepunkt erreicht haben. Es wurden 34 Brustschmerz-Beschreibungen vordefiniert, welche von den Ärzten in der Notaufnahme im Patientengespräch abgefragt wurden. Die Beschreibungen wurden dann mit der letztendlichen Diagnose abgeglichen. Unter den Patienten waren 796 Frauen und 1679 Männer. Die Frauen waren mit einem durchschnittlichen Alter von 70 Jahren etwa 10 Jahre älter als die Männer.

Ein AMI wurde bei 18 % der Frauen und 22 % der Männer als abschließende Diagnose gesichert. Männer und Frauen gaben die meisten der 34 Brustschmerz-Charakteristika in gleicher Häufigkeit an; bei 11 traten jedoch signifikante Unterschiede auf (p < 0,05): Frauen berichteten häufiger von druckähnlichem Schmerz, begleitender Dyspnoe, Schmerzverschlimmerung durch Palpation, zur Kehle oder zum Rücken ausstrahlendem Schmerz, plötzlichem Auftreten des Schmerzes oder einer Schmerzdauer über 30 min. Darüber hinaus gaben Frauen eine leicht höhere Schmerzintensität an und berichteten weniger oft von fehlender Schmerzausstrahlung, Ausstrahlung zur rechten Seite und Schmerzdauer zwischen 2 und 30 min. In der AMI-Gruppe wurden die meisten Schmerz-Charakteristika von beiden Geschlechtern gleich häufig angegeben, bei 5 traten jedoch signifikante Unterschiede auf: Frauen berichteten seltener von Schmerzausstrahlung in den rechten Arm / die rechte Schulter, Schmerzdauer zwischen 2 und 30 Minuten und nachlassendem Schmerz. Häufiger hingegen waren Ausstrahlung in den Rücken und Schmerzdauer über 30 Minuten. Für 31 (91,2 %) der verschiedenen Charakteristika war die „Likelihood-Ratio“ für einen AMI bei Männern und Frauen ähnlich; lediglich 3 Aspekte waren unterschiedlich (p < 0,05 für Interaktion): die Dauer des Schmerzes sowie Charakteristika der Dynamik. Aufgrund ihrer Likelihood-Ratios von etwa 1 waren diese Punkte jedoch ohne klinische Relevanz. XX

Fazit

Die Unterschiede bei den geschlechtsspezifischen Brustschmerz-Charakteristika sind gering und scheinen den Einsatz Frauen-spezifischer Brustschmerz-Charakteristika bei der frühen Diagnose eines akuten Myokardinfarkts nicht zu unterstützen.

Christoph Feldmann, Köln

Quelle: JAMA Intern Med 2014; 174: 241–249

Der Beitrag ist zuerst erschienen in Dtsch Med Wochenschr 2014; 139, Nr. 12