Diabetologie und Stoffwechsel 2015; 10(2): 74-75
DOI: 10.1055/s-0034-1397711
Referiert · kommentiert
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Adipositas – Basis-BMI für langfristigen Erfolg entscheidend

Manfred Müller
Further Information

Publication History

Publication Date:
22 May 2015 (online)

Hintergrund: Die meisten Übergewichtigen erreichen ihr Zielgewicht mit einer Diät nicht. Der hypometabolische Status und die Hyperphagie unterstützen in Abhängigkeit vom Basis-BMI den Wiederanstieg des Gewichtes. Wie ist das nach bariatrischen Eingriffen? Verglichen mit Diäten verändern bariatrische Interventionen die gastrointestinale Anatomie, beeinflussen das Mikrobiom des Darmes und erzwingen eine Veränderung der Qualität und Quantität bei der willkürlichen Lebensmittelaufnahme. Ferrannini et al. überprüften, welche Variablen nach Diät und Operation das Ausmaß der Gewichtsreduktion vorhersagen.

Methoden: In der Diät-Gruppe waren 223 Patienten der RISC-Studie (Relation Between Insulin Sensitivity and Cardiovascular Disease Study), die während 3 Jahren durchschnittlich 5 Kilogramm ihres Körpergewichtes verloren hatten. Die Operationsgruppe bildeten 182 Teilnehmer, die einen Roux-en-Y-Bypass (n = 71) oder eine biliopankreatische Diversion (= 111) erhalten hatten. Nach 1 Jahr betrug die Gewichtsreduktion durchschnittlich 47 kg. Die chirurgischen Patienten waren jünger, öfter Frauen, hatten einen signifikant höheren Körperfettanteil und Ausgangs-BMI. Der tägliche Energieverbrauch war bei Frauen und den operierten Teilnehmern signifikant geringer (jeweils p < 0,0001).

Ergebnisse: In beiden Gruppen korrelierte der absolute und prozentuale Gewichtsverlust signifikant und linear mit dem Ausgangs-BMI. Die Beziehung war nach einer Diät ausgeprägter (r = 0,96 vs. r = 0,67). Die Operationsmethode spielte keine Rolle. Auch das abschließende Körpergewicht war in beiden Gruppen mit dem Ausgangswert assoziiert. In der multivariaten Analyse war ein Diäterfolg altersunabhängig und bei Frauen wahrscheinlicher. In der Operationsgruppe bestanden keine Geschlechtsunterschiede und die Erfolgsquote nahm mit zunehmendem Alter ab. Die Subgruppenanalyse mit den chirurgischen Patienten zeigte postinterventionell einen signifikanten Abfall von Leptin (p < 0,0001), das vor und (schwächer) nach dem Eingriff mit dem BMI korrelierte.

Die Autoren stellen ein Schwellenmodell für die Gewichtsregulation vor, bei dem die anabole Antwort (größerer Appetit und geringerer Energieverbrauch) in Beziehung zu Adipositas-Signalen auf einen Gewichtsverlust gesetzt wird (u. a. Leptin, Insulin, Neurotransmitter). Diese Assoziation sei asymmetrisch: Wenn die Signalintensität unterhalb eines Schwellenwertes liege, nehme die anabole Antwort überproportional stark zu. Die Unterdrückung der anabolen Antwort auf eine Gewichtszunahme sei entsprechend schwächer. Chronisches Übergewicht verschiebe die Verhältnisse, d. h. die anabole Reaktion auf den Gewichtsverlust werde erst durch stärkere Signale getriggert.

Schlussfolgerungen: Der Ausgangs-BMI sagte bei Patienten mit Übergewicht und Fettleibigkeit den Abnehmerfolg voraus. Dies galt auch nach einer chirurgischen Intervention und unterstützt laut den Autoren die „Schwellenhypothese“.

Dr. med. Susanne Krome, Melle

 
  • Literatur

  • 1 Leibel RL. Molecular physiology of weight regulation in mice and humans. Int J Obes 2008; 32 (Suppl. 07) S98-S108
  • 2 Haas V et al. Different thermic effects of leptin in adolescent females with varying body fat content. Clinical Nutrition 2010; 29: 639-645
  • 3 Cahill Jr GF. Starvation in man. New Engl J Med 1970; 282: 668-75