Diabetologie und Stoffwechsel 2015; 10(04): 185
DOI: 10.1055/s-0034-1398204
referiert · kommentiert
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Referat – Nächstes Gliptin im Test

Michael A. Nauck
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
13. Januar 2016 (online)

Hintergrund: Die Idee, dass Gliptine nicht nur einen Diabetes vom Typ 2 günstig beeinflussen, sondern auch das kardiovaskuläre Risiko der betroffenen Patienten verbessern, hat in jüngster Zeit Rückschläge erlitten. Für 2 Gliptine deuteten sich erhöhte kardiovaskuläre Risiken an. Jetzt prüften Jennifer B. Green et al. das kardiovaskuläre Risiko bei Add-on-Therapie mit Sitagliptin. Der orale Dipeptidylpeptidase-4(DPP-4)-Inhibitor Sitagliptin verlängert den Effekt der Inkretin-Hormone durch Hemmung ihres Abbaus und verbessert so die glykämische Kontrolle bei Patienten mit Typ-2-Diabetes.

Methoden: Um Langzeiteffekte der Therapie auf kardiovaskuläre Ereignisse zu prüfen, erhielten in einer Doppelblindstudie randomisiert 14 671 Patienten mit einem Typ-2-Diabetes und einer vorbestehenden ausgeprägten kardiovaskulären Erkrankung (schwere koronare Herzkrankheit, zerebrale Ischämie oder periphere Arteriosklerose) zusätzlich zu ihrer bisherigen Therapie entweder Sitagliptin (n = 7 332) oder Placebo (n = 7 339). Andere den Blutzucker senkende Therapien waren bei Bedarf erlaubt, um bei allen Patienten eine individuell angemessene Blutzuckerkontrolle erreichen zu können. Demographische Charakteristika und die antihypertensive sowie kardiovaskulär-sekundärpräventive Begleitmedikation unterschieden sich in beiden Gruppen nicht signifikant voneinander. Initial lag der mittlere HbA1c bei 7,2 ± 0,5 %. Die Studie untersuchte, ob Sitagliptin Placebo bezüglich der kardiovaskulären Sicherheit nicht unterlegen ist. Dazu wurde als obere Grenze ein relatives Risiko (RR) von 1,3 definiert, bei dem noch eine Nichtunterlegenheit vorliegt. Der primäre kardiovaskuläre kombinierte Endpunkt umfasste kardiovaskulär bedingten Tod, nichttödlichen Herzinfarkt, nichttödlichen Schlaganfall oder Hospitalisierung wegen einer instabilen Angina pectoris.

Ergebnisse: Der mediane Beobachtungszeitraum der aktuellen Auswertung betrug 3,0 Jahre. Zu diesem Zeitpunkt zeigte sich nur ein geringer Unterschied im HbA1c zwischen den beiden Gruppen (-0,29 %, 95 %-Konfidenzintervall [KI] -0,32 bis -0,27), während er 4 Monate nach Studienbeginn noch -0,4 % betragen hatte. Patienten in der Sitagliptin-Gruppe hatten allerdings weniger zusätzliche antihyperglykämische Medikamente erhalten und mussten seltener eine Langzeit-Insulintherapie beginnen als Patienten der Placebo-Gruppe. Den primären Endpunkt erreichten im Beobachtungszeitraum 839 Patienten in der Sitagliptin-Gruppe (11,4 %, 4,06 pro 100 Personenjahre) und 851 Patienten in der Placebo-Gruppe (11,6 %; 4,17 pro 100 Personenjahre). Damit erfüllte Sitagliptin klar die Kriterien der Nichtunterlegenheit gegenüber Placebo (Hazard ratio [HR] 0,98; 95 %-KI 0,88 – 1,09; p < 0,001). Im Gegensatz zu Hinweisen aus Studien mit anderen Gliptinen zeigte sich auch kein erhöhtes Risiko für eine Herzinsuffizienz zwischen den beiden Gruppen (HR 1,00; 95 %-KI 0,83 – 1,20; p = 0,98). Ebenso wenig zeigte sich im Vergleich mit Placebo eine signifikant erhöhte Rate einer akuten Pankreatitis (p = 0,07) oder eines Pankreaskarzinoms (p = 0,32).

Folgerung: Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und vorbestehender kardiovaskulärer Erkrankung scheint die zusätzliche Gabe von Sitagliptin zur bestehenden Medikation das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse, die Hospitalisierung wegen einer Herzinsuffizienz und anderer relevanter Nebenwirkungen nicht zu erhöhen.

Friederike Klein, München