Diabetologie und Stoffwechsel 2015; 10(01): R1-R12
DOI: 10.1055/s-0034-1399024
Dus-Refresher
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Rolle der Mikrobiota bei der Entstehung von Adipositas und Typ-2-Diabetes

M. C. Simon
1   Institut für Klinische Diabetologie, Deutsches Diabetes-Zentrum, Leibniz-Zentrum für Diabetesforschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
2   Deutsches Zentrum für Diabetes-Forschung (DZD) e.V., Partner Düsseldorf
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K. Müssig
1   Institut für Klinische Diabetologie, Deutsches Diabetes-Zentrum, Leibniz-Zentrum für Diabetesforschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
2   Deutsches Zentrum für Diabetes-Forschung (DZD) e.V., Partner Düsseldorf
3   Klinik für Endokrinologie und Diabetologie, Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
03. März 2015 (online)

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Zusammenfassung

Typ-2-Diabetes (T2 D) hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Volkskrankheit entwickelt. Nach aktuellen Prognosen wird weltweit die Anzahl von Menschen mit Diabetes weiter ansteigen. Verbesserungen in der Prävention und Behandlung des T2 D als Folge von Übergewicht und Adipositas stellen somit eine enorme Herausforderung für die medizinische Forschung unserer Zeit dar.

Neuere Arbeiten schreiben der Mikrobiota des Darms eine potenzielle Rolle bei diesen Stoffwechselkrankheiten zu. So ist Adipositas mit einer veränderten Zusammensetzung der Mikrobiota des Darms assoziiert, die eine effizientere Energieextraktion aus der Nahrung aufweist. Des Weiteren konnten die Unterschiede in der Darm-Mikrobiota bereits als diagnostischer Marker für die Entwicklung von T2 D bei Patienten mit hohem Risiko identifiziert werden. So konnte bei Patienten mit T2 D eine mikrobielle Dysbiose nachgewiesen werden, die mit einem verminderten Vorkommen von Butyrat produzierenden Bakterien zugunsten von opportunistisch pathogenen Bakterien einherging. Auch führte der Transfer fäkaler Mikrobiota von stoffwechselgesunden Spendern auf Probanden mit metabolischem Syndrom zu einer Erhöhung von Butyrat produzierenden Bakterienstämmen. Diese kurzkettige Fettsäure, Butyrat, kann als ein Fermentationsprodukt der Darmmikroben aus komplexen Kohlenhydraten vorteilhafte metabolische Effekte haben. Dazu gehören die Verhinderung von metabolischer Endotoxinämie sowie die Aktivierung der intestinalen Glukoneogenese durch eine veränderte Genexpression und die direkte Wirkung auf den Glukosestoffwechsel durch Beeinflussung der Sekretion der Inkretine.

Therapeutisch sollte nicht nur dem sog. Fäkaltransfer neue Aufmerksamkeit geschenkt werden. Zukünftige Untersuchungen werden sich sicher auch auf die bakteriellen Stoffwechselprodukte (wie Butyrat) konzentrieren. Von Interesse ist vor allem, ob diese Stoffwechselprodukte die gleichen Wirkungen aufweisen wie die Darmbakterien, die sie produzieren, vor allem im Hinblick auf die Sekretion der Darmhormone (Inkretine). Zum anderen wird eine personalisierte Therapie angestrebt werden, um das Mikrobiom individuell zu modulieren. Dadurch wird letztlich der Weg geebnet für die Entwicklung weiterer Erfolg versprechender Interventionen bei Adipositas und T2 D.

Abstract

The prevalence for type 2 diabetes is increasing worldwide. According to current prognosis, the number of people with diabetes will increase worldwide. Improvements in the prevention and treatment of T2 D, as a result of obesity, are the current challenge of medical research.

Recent studies identified the gut microbiota as an important factor in the development of metabolic diseases. Thus, obesity is associated with an altered composition of the gut microbiota which seems to have a more efficient energy extraction from the diet. Furthermore, the differences in the intestinal microbiota may serve as a diagnostic marker for the development of T2 D in patients at high risk. So, a microbial dysbiosis, which was accompanied by a reduced occurrence of butyrate-producing bacteria in favour of opportunistic pathogens, could be detected in patients with T2 D. Also the transfer of fecal microbiota of metabolism-healthy donors on subjects with metabolic syndrome led to an increase of butyrate-producing bacterial strains. This short-chain fatty acid, butyrate, as fermentation product of intestinal microbes from complex carbohydrates, has beneficial metabolic effects on the host. These include the prevention of metabolic endotoxemia as well as the activation of intestinal gluconeogenesis by altered gene expression and direct effects on the intestinal hormones.

To develop new therapeutic strategies, future investigations will focus not only on the fecal transplantation but also on bacterial metabolic products, such as butyrate. However, in a first approach it will be of interest whether the application of the metabolic products has the same effect on the host as the intestinal bacteria that produce them, especially with regard to the secretion of intestinal hormones (incretins). This new research field may help to find new intervention strategies to prevent and treat obesity and T2 D.