Ultraschall Med 2015; 36 - A108
DOI: 10.1055/s-0035-1558715

Sonographisches Korrelat der neurogenen Appendikopathie – eine Kasuisitk

C Kappes-Schädler 1, V Krenn 2, S Thal 2, A Paferi 1, R Thees-Laurenz 1, M Wüstner 1
  • 1Brüderkrankenhaus Trier
  • 2MVZ für Histologie, Zytologie und Molekulare Diagnostik Trier

Einleitung: Die neurogene Appendikopathie ist eine wichtige, klinisch aber fast nie gestellte Differenzialdiagnose der akuten Appendizitis. Die klinische Bedeutung wird kontrovers eingeschätzt. Ein Zusammenhang mit der chronischen Appendizitis wird postuliert. Neben rechtsseitigen Unterbauchschmerzen treten auch zahlreiche andere „vegetative“ Beschwerden wie Meteorismus, Durchfälle, Schweißausbrüche und Blutdruckschwankungen auf. Makroskopisch ist die Appendix oft blande. Lichtmikroskopisch finden sich neuromartige Proliferationen verschiedener Nervenstrukturen in der Appendixwand.

Kasuisitik: Eine 21-jährige Patientin stellte sich mit akuten rechtsseitigen Unterbauchschmerzen in der Notaufnahme unseres Hauses vor. Sie gab an, ähnliche Schmerzen seien bereits mehrfach aufgetreten. Klinisch bestand eine Druckdolenz im rechten Unterbauch, laborchemisch eine minimale CRP-Erhöhung. Sonographisch zeigte sich ein noch kompressibler Wurmfortsatz mit einer betonten Wand im proximalen und mittleren Drittel bei einem maximalen Durchmesser von 6 mm. Im distalen Appendixdrittel konnte eine diffuse, sehr echoarme Transformation dargestellt werden, eine Wandschichtung war in diesem Bereich nicht mehr erkennbar. Im OP-Bericht wurde eine leichte Hyperämie der Spitze bei sonst unauffälligem Wurmfortsatz beschrieben. Der Pathologe sah das typische Bild einer NA mit einer Infiltration der Appendixspitze durch intramukosale Nervenproliferate.

Diskussion: Als Korrelat der vom Pathologen beschriebenen neurogenen Infiltration konnte in diesem Fall sonographisch bei außergewöhnlich guten Schallbedingungen eine echoarme Transformation der Appendixspitze mit nicht mehr differenzierbaren Wandschichten dargestellt werden. Die therapeutische Konsequenz, die laparoskopische Appendektomie, würde sich allerdings bei der präoperativ gestellten Diagnose einer NA nicht ändern. Denn wegen der Assoziation mit der chronischen Appendizitis wird auch die Entfernung der makroskopisch blanden Appendix bei symptomatischen Patienten chirurgischerseits empfohlen, da die Diagnose einer NA definitiv nur histologisch gestellt werden kann.

Schlussfolgerung: Die Diagnose bestimmter Verlaufsformen einer NA ist prinzipiell bei günstigen Schallbedingungen sonographisch möglich. Eine Appendektomie ist in der Regel aufgrund des häufig chronischen Verlaufs indiziert. Nur bei unauffälligem Entzündungslabor könnte die Appendektomie eventuell frühelektiv erst am nächsten Tag erfolgen.