Ultraschall Med 2015; 36 - A205
DOI: 10.1055/s-0035-1558741

Fallbericht: Schwangerschaft nach Trachelektomie

WH Becker 1, C Köhler 2, V Ragosch 3, A Wense 4
  • 1Praxis für Pränatalmedizin im Perinatalzentrum Altona, Hamburg
  • 2Abteilung für Spezielle Operative und Onkologische Gynäkologie, Asklepios Klinik Harburg, Hamburg
  • 3Frauenklinik, Asklepios Klinik Altona, Hamburg
  • 4Abteilung für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Altonaer Kinderkrankenhaus; Hamburg

Wir berichten über eine 32-jährige 4. Gravida 2. Para. Sie hatte 2010 ein reifes eutrophes Kind per VE entbunden. 2012 erfolgte eine radikale vaginale Trachelektomie (RVT) und pelvine Lymphonodektomie nach Dargent bei IB1 Zervixkarzinom und weiterbestehendem Kinderwunsch. In der Folge kam es zu einem Frühabort und einer Geburt per Sectio über korporalen Längsschnitt wegen Amnioninfektionssyndroms bei IUGR in SSW 24+1. Das Kind verstarb.

Trotz dieser belastenden Anamnese entschied sich das Paar zu einer erneuten Schwangerschaft. Bei spontan eingetretener dichorealer Geminigravidität wurde die Patientin im Level 1-Perinatalzentrum in SSW 7 vorgestellt zur Diskussion eines selektiven Fetozids zur Reduktion des Frühgeburtsrisikos. Dieses wurde nicht gewünscht. Aufgrund des erhöhten Abortrisikos erfolgte als individueller Therapieansatz die abdominale weit proximale Cerclage über einen Pfannenstielschnitt und ein totaler Muttermundsverschluss in SSW 10.

Bei der Ersttrimesteruntersuchung in SSW 11+1 zeigte sich, dass ein Fetus abgestorben war, der andere vital und zeitgerecht entwickelt. Es wurde nun eine Therapie mit Progesteron 3 × 200 mg peroral zur Stabilisierung der Zervix und ASS 100 bei Z.n. IUGR zur Prophylaxe einer Präeklampsie begonnen.

Ab SSW 19+0 erfolgte die Hospitalisation wegen mütterlicher Angst und Kontraktionen. Diese wurden intermittierend mit Nifedipin behandelt sowie. Die Zervixlänge verkürzte sich von 25 auf 14 mm, der Cerclagefaden blieb unverändert in korrekter Position.

Die primäre Re-Sectio erfolgte in SSW 32+0 nach RDS-Prophylaxe wegen analgetikapflichtiger Unterbauchschmerzen und Belastung des inneren Muttermundes. Der Cerclagefaden wurde belassen, der postpartale Verlauf war unauffällig. Entbunden wurde ein gesundes Mädchen, Gewicht 1740 g, APGAR 8/8/9, pH 7,40. Es konnte nach 37 Tagen unauffällig von der Neonatologie entlassen werden.

Der vorliegende Fallreport zeigt eindrucksvoll mögliche reproduktive und geburtshilfliche Probleme nach einer RVT. International sind noch viele Fragen des optimalen Managements nach RVT unklar. In jedem Fall ist eine enge Kooperation zwischen gynäkologischer Onkologie und Pränatalmedizin in einem Perinatalzentrum anzustreben, da jede Schwangerschaft und Entbindung nach fertilitätserhaltender Operation eines Zervixkarzinoms als Risikoschwangerschaft anzusehen ist. Die Überwachung von Fetus und Zervix per Sonografie ist essentiell, auch wenn die Terminierung der Geburt klinischen Kriterien folgen kann.