Diabetologie und Stoffwechsel 2016; 11 - P57
DOI: 10.1055/s-0036-1580804

Modifikation des Glyoxalasesystems und die Relevanz alternativer Entgiftungsmechanismen von Methylglyoxal im Rahmen der diabetischen Neuropathie

J Morgenstern 1, TH Fleming 1, PP Nawroth 1
  • 1Universitätsklinikum Heidelberg, Innere Medizin 1, Heidelberg, Germany

Fragestellung: Methylglyoxal (MG) ist ein Nebenprodukt der Glykolyse und bindet mit hoher Affinität an Proteine, um sogenannte „advanced glycation endproducts“ (AGEs) zu bilden. AGEs führen im peripheren Nervensystem zu Störungen bei der mechanischen Reizweiterleitung.

Der Abbau von MG findet normalerweise durch das hochspezifische Glyoxalasesystem statt. In diabetischen Patienten ist dieser Abbau gestört bzw. wird auf andere Enzymsysteme umgestellt. Welche Systeme dabei zum Tragen kommen und inwieweit diese MG in neuronalen Zellen effizient entgiften können, wurde in dieser in vitro Studie untersucht.

Methodik: Schwann-Zellen wurden unter iso-/hyperglykämischen Bedingungen kultiviert. Die Kinetik involvierter Enzyme wurde spektrophotometrisch bestimmt. Konzentrationen von MG, Acetol und Sorbitol wurden mittels Massenspektrometrie gemessen. Proteinkonzentrationen und MG-Modifikationen wurden mit „Western-Blot“ analysiert.

Ergebnisse: Hyperglykämische Bedingungen führen zu einer reduzierten Kapazität der Glyoxalase 1. Überraschenderweise konnten keine erhöhten intrazellulären MG Konzentrationen bzw. MG-Modifikationen nachgewiesen werden. Vielmehr zeigte sich eine Zunahme der Enzymaktivität von Aldo-Keto-Reduktasen (AKR) unter hyperglykämischen Bedingungen und ein Anstieg der Proteinexpression des Subtyps AKR1b3. Als Produkt dieser alternativen Entgiftung durch AKR konnten erhöhte intrazelluläre Acetol-Konzentrationen, aber auch erhöhte Sorbitol-Konzentrationen gemessen werden.

Schlussfolgerung: Die veränderte Kinetik des Glyoxalasesystems führt zur alternativen Entgiftung von MG zu Acetol. Der Umsatz von Glucose zu Sorbitol (Polyolweg) durch AKR scheint dabei eine negative Begleiterscheinung darzustellen. Dieser kontroverse Effekt der AKR, welche MG sehr effektiv entgiften kann, aber auf der anderen Seite den Polyolweg aktiviert, muss in weiteren in vivo Studien aufgeklärt werden. Es könnte aber ein erster Hinweis darauf sein, dass AKR-Inhibitoren (Ranirestat etc.) keine optimalen Medikamente zur Behandlung der diabetischen Neuropathie sind.