Diabetologie und Stoffwechsel 2016; 11 - P204
DOI: 10.1055/s-0036-1580951

Unerwartete Geschlechtsunterschiede bei präbariatrischem Diabetes- und Herz-Kreislauf-Risikoscreening in einem interdisziplinären Adipositaszentrum

L Schmidt 1, E Fischer 1, K Rövenich 1, E Weitz 1, K Stein 1, P Staikov 2, K Rett 1
  • 1Krankenhaus Sachsenhausen, Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie, Frankfurt am Main, Germany
  • 2Krankenhaus Sachsenhausen, Abteilung für Chirurgie, Frankfurt, Germany

Adipositaschirurgie reduziert Gewicht und Mortalität und bessert den Diabetes. Obwohl die Adipositasprävalenz der Frauen nur leicht über der der Männer liegt, werden Frauen wesentlich häufiger bariatrisch operiert. Dagegen haben Männer häufiger Typ-2-Diabetes, während Frauen durch den Diabetes mehr Lebensjahre einbüßen1. Wir haben daher bei 252 konsekutiven Adipositaspatienten (166 w, 86 m), die die Kriterien für einen bariatrischen Eingriff erfüllten, ein Diabetes- und bei den Diabetikern ein Risikoscreening auf atherosklerotische kardiovaskuläre Ereignisse (AKE) durchgeführt.

Zusätzlich zum Dysglykämiescreening (HbA1c, oraler Glukosetoleranztest) wurde bei vorbekanntem bzw. neu diagnostiziertem Typ-2-Diabetes mittels gängiger Risikoscores (arriba, ASCVD, UKPDS-risk score) das 10-Jahres-AKE-Risiko geschätzt.

[Mittelwerte ± SEM; w vs. m] 112 Patienten (44,4%) hatten einen Typ-2-Diabetes, wobei sowohl die Diabetesprävalenz (36,7% vs. 59,3%) als auch die Rate neu erkannter Diabetesfälle (25% vs. 10%) geschlechtsdifferent waren. Alter (50,2 ± 1,5 vs. 49,9 ± 1,8 Jahre), BMI (46,1 ± 1,8 vs. 46,9 ± 2,0 kg/m2), Dauer des vorbekannten Diabetes (7,9 ± 1,5 vs. 7,7 ± 1,9 Jahre) und HbA1c (7,9 ± 1,5 vs. 7,7 ± 1,9%) waren nicht unterschiedlich. Allerdings lag das 10-Jahres-AKE-Risiko der Männer mit Diabetes um den Faktor 2,7 (UKPDS) bis 9,0 (arriba) über dem der Frauen.

Diabetes- und Risikoscreening bei Adipositas zeigen erhebliche Geschlechtsunterschiede. So war die hohe Prävalenz an vorbekanntem Diabetes bei den Männern ebenso unerwartet, wie die hohe Rate an neu entdecktem Diabetes bei den Frauen und das geringe AKE-Risiko der Frauen mit Diabetes. Somit werden offenbar mehrheitlich Frauen mit geringem AKE-Risiko bariatrisch operiert, während das Risikoreduktionspotenzial bei den Männern höher sein dürfte, als wahrgenommen.

Referenz: 1. Regensteiner JG et al. Sex Differences in the Cardiovascular Consequences of Diabetes Mellitus. Circulation 2015; 132:2424 – 47.