Diabetologie und Stoffwechsel 2017; 12(S 01): S1-S84
DOI: 10.1055/s-0037-1601601
Vorträge
Kurzvorträge 2: Komplikationen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das diabetische Stoffwechselprodukt Methylglyoxal erzeugt bei Menschen Schmerz und Hyperalgesie

M Düll
1   Institut für Physiologie und Pathophysiologie, Friedrich-Alexander-Universität, Erlangen, Germany
,
J Tappenbeck
1   Institut für Physiologie und Pathophysiologie, Friedrich-Alexander-Universität, Erlangen, Germany
,
K Riegel
1   Institut für Physiologie und Pathophysiologie, Friedrich-Alexander-Universität, Erlangen, Germany
,
M Strupf
1   Institut für Physiologie und Pathophysiologie, Friedrich-Alexander-Universität, Erlangen, Germany
,
B Namer
1   Institut für Physiologie und Pathophysiologie, Friedrich-Alexander-Universität, Erlangen, Germany
2   Experimentelle Schmerzforschung, Lehrstuhl für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg, Mannheim, Germany
,
SK Sauer
1   Institut für Physiologie und Pathophysiologie, Friedrich-Alexander-Universität, Erlangen, Germany
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
05 May 2017 (online)

 

Fragestellung:

Polyneuropathie (DN) ist eine häufige Begleiterkrankung des Diabetes mellitus mit akuten sowie chronischen Schmerzzuständen. Es wurde gezeigt, dass der Plasmaspiegel des endogenen Metaboliten Methylglyoxal (MG) insbesondere bei Patienten mit schmerzhafter diabetischer Neuropathie erhöht ist.

MG aktiviert den polymodalen Rezeptorkanal TRPA1 durch posttranslationale Modifikation und modifiziert differentiell Natriumkanal-Subtypen und könnte so sowohl Positiv- als auch Negativsymptome der DN begründen.

Um die Wirkung von MG bei Menschen und auf humane Nervenfasern zu untersuchen, führten wir psychophysische Experimente durch.

Methodik:

Methylglyoxal wurde intrakutan am Unterarm von Probanden injiziert (50 µl; 1, 3, 5, 10 mM) und die sofort eintretende Empfindung verbal mit einer numerischen Rating-Skala von 0 – 10 abgefragt. Rezeptorkanal-Blocker (TRPA1: A967079, 10µM bzw. TRPV1: BCTC, 1µM) und wiederholte Injektionen vor und nach selektivem Nervblock (Block von Aδ-Fasern) untersuchten die beteiligten Faserklassen sowie Rezeptortypen. Die Empfindlichkeit des behandelten Hautareals gegenüber thermischen, mechanischen und elektrischen Reizen wurde ebenfalls getestet.

Ergebnisse:

MG verursacht dosisabhängig, jedoch in sehr hohen Konzentrationen, ein kurzanhaltendes brennendes Schmerzempfinden, das durch die Aktivierung von TRPA1-Rezeptoren auf kutanen C-Fasern und Aδ-Fasern hervorgerufen wird. MG führt weiterhin zu einer langanhaltenden primären Hyperalgesie gegenüber mechanischen, thermischen und elektrischen Reizen. Im MG-behandelten Hautareal bedingen Doppelinjektionen eine deutliche Desensitivierung der schmerzhaften Empfindung.

Schlussfolgerungen:

Das diabetische Stoffwechselprodukt MG ist eine algogene und hyperalgetische Substanz, die C- und Aδ-Fasern erregt und sensibilisiert. TRPA1-Rezeptoren könnten daher ein lohnenswertes therapeutisches Ziel zur Behandlung der schmerzhaften DN sein.