Z Geburtshilfe Neonatol 2017; 221(S 01): E1-E113
DOI: 10.1055/s-0037-1607812
Poster
Mütterliche Erkrankungen (Präeklampsie, Diabetes mellitus etc)
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Untersuchungen zum Medikamentenkonsum in der Schwangerschaft

J Thamm
1   Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Frauenklinik, Kiel, Germany
2   Zentrum für Medizin und Gesellschaft der Universität Freiburg, Freiburg, Germany
,
D Olbertz
2   Zentrum für Medizin und Gesellschaft der Universität Freiburg, Freiburg, Germany
3   Klinikum Südstadt Rostock, Neonatologie, Rostock, Germany
,
V Günther
1   Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Frauenklinik, Kiel, Germany
,
M Kunze
4   Universitätsklinikum Freiburg, Klinik für Frauenheilkunde, Freiburg, Germany
,
M Voigt
2   Zentrum für Medizin und Gesellschaft der Universität Freiburg, Freiburg, Germany
,
HP Hagenah
5   Agaplesion Diakonieklinikum Rotenburg, Frauenklinik, Rotenburg, Germany
,
U Wittwer-Backofen
2   Zentrum für Medizin und Gesellschaft der Universität Freiburg, Freiburg, Germany
,
A Strauss
6   Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Kiel, Germany
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
27 October 2017 (online)

 

Zielstellung:

Die folgende Arbeit untersucht den Zusammenhang zwischen der Einnahme von Medikamenten während der Schwangerschaft und dem Entbindungszeitpunkt, sowie dem fetalen Outcome bei Geburt, sowie bei vier weiteren Verlaufskontrollen.

Material und Methoden:

Im Rahmen einer longitudinalen Multizenterstudie an 10 Kliniken in Deutschland wurde im Zeitraum von Oktober 2006 bis Juni 2008 der Medikamentenkonsum von 3082 Müttern erfasst. Alle Frühgeborenen (≤36 SSW) und hypotrophen (< 10. Perzentile) Neugeborenen wurden der exponierten Gruppe (n = 1586), das jeweils nachfolgende reife Neugeborene (≥37 SSW und ≥10. Perzentile) einer Kontrollgruppe (n = 1496) zugeordnet.

Ergebnisse:

In beiden Gruppen war eine häufige Medikamenteneinnahme zu verzeichnen (83,4% in der exponierten- vs. 83,6% in der Kontrollgruppe), wobei die prozentuale Medikamenteneinnahme mit steigendem maternalen Alter in beiden Gruppen ebenfalls zunahm. In der exponierten Gruppe waren 86,3% Frühgeborene, 78,1% hatten ein Geburtsgewicht unter der 10. Perzentile. In der Gruppe der zu früh geborenen und gleichzeitig hypotrophen Neugeborenen konnte eine Medikameneinnahme von 3,3 Präparaten pro Mutter (93,8%) ermittelt werden. In Abhängigkeit vom maternalen BMI nahmen die untergewichtigen und die adipösen Frauen der exponierten Gruppe am meisten Medikamente ein (BMI ≤18,49, exponierte Gruppe: 3,20 Medikamente/Frau vs. Vergleichsgruppe: 2,4 Medikamente/Frau; BMI ≥30,00: 3,10 vs. 2,49). Antidiabetika wurden am meisten in der exponierten Gruppe bei den Müttern ≥36 Jahren eingenommen (5,4% in der exponierten Gruppe vs. 2,5% in der Kontrollgruppe). Im Vergleich zur aktuellen Literatur (0,5 – 1%) war der Einsatz an Antiepileptika in beiden Gruppen gleichermaßen gering (0,2% in der exponierten- vs. 0,3% in der Kontrollgruppe). Antihypertensiva wurden im Vergleich zur aktuellen Literatur (5 – 10%) in der exponierten Gruppe der Frauen ≥36 Jahre mit 14,4% häufiger verabreicht (1,8% in der Kontrollgruppe derselben Alterskategorie). Steigender BMI und höheres mütterliches Alter korrelierten mit einem höheren Einsatz von Antihypertensiva und SD-Therapeutika. In der exponierten Gruppe zeigte sich ein höherer Gebrauch an Analgetika (10,5% vs. 6,4% in der Kontrollgruppe), wobei bei steigendem maternalen BMI ein insgesamt höherer Analgetika Verbrauch ermittelt werden konnte.

Schlussfolgerungen:

Der ermittelte hohe Medikamentenkonsum während der Schwangerschaft auch in der Kontrollgruppe erfordert einen kritischeren Umgang in der Verordnung von Medikamenten an Schwangere. Die aufgezeigten Ergebnisse geben praxisrelevante Hinweise, die in der Geburtshilfe zielorientiert eingesetzt werden können.