Nervenheilkunde 2004; 23(10): 581-587
DOI: 10.1055/s-0038-1626424
Original- und Übersichtsarbeiten - Original and Review Articles
Schattauer GmbH

Der Antrieb – Stellenwert einer psychischen Grundfunktion in der Psychiatrie, Psychologie und Philosophie[*]

Drive and impulse: the concept of the Kraepelinian term Antrieb in the understanding of philosophy, psychology and psychiatry
F.-G. Pajonk
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar (Direktor: Prof. Dr. P Falkai)
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Publication Date:
23 January 2018 (online)

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Zusammenfassung

Unter allen elementaren psychischen Grundfunktionen des Menschen ist der Antrieb wohl die unklarste und am unschärfsten definierte. Die Definition ist auch deshalb so schwierig, weil in den Antrieb unterschiedliche philosophische und psychologische Konzepte einfließen. Im angloamerikanischen Raum existiert Antrieb in dem umfassenden Konzept wie im deutschen Sprachraum nicht, sondern wird zerlegt in die Einzelbegriffe drive, im weitesten Sinne als kontinuierlich wirkender Trieb zu verstehen, und impulse, aufzufassen als plötzlicher Aktivitätsbeginn.

Im vorliegenden Beitrag wird die historische Entwicklung im Verständnis des Antriebs beschrieben. Darüber hinaus werden Befunde aus der neurobiologisch-psychiatrischen Forschung dargestellt und Analogien zu unterschiedlichen philosophischen und psychologischen Konzepten des Antriebs gezogen, die auch für die Therapie psychischer Störungen von Bedeutung sind.

Summary

Drive is one of the basic psychic functions of human life, however, in contrast to its importance, its definition is rather vague due to differing philosophical and psychological concepts behind it. In the German speaking countries the understanding of drive is even much more complex because the Kraepelinian term Antrieb not only includes drive but also impulse.

This paper describes the historical development in the conceptualisation of drive and impulse. Further, it highlights neurobiological findings of recent psychiatric research which correspond to earlier philosophical and psychological theories and which may be also relevant for therapeutic approaches in the treatment of psychiatric disorders.

* Das Manuskript basiert auf der Antrittsvorlesung im Rahmen der vollzogenen Habilitation an der Universität Hamburg, gehalten am 15.1.2003 in Hamburg.

* Gewidmet meinen Lehrern auf dem bisherigen Weg: Herrn Prof. Dr. Leonhard Schwei berer, Herrn Prof. Dr. Hanns Hippius, Herrn Prof. Dr. Hans-Jürgen Möller, Herrn Prof. Dr. Dieter Naber