Gesundheitswesen 2018; 80(04): 409
DOI: 10.1055/s-0038-1639273
POSTERPRÄSENTATION
Umweltmedizin
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Untersuchungen einer räumliche-zeitlichen Häufung von hämatologischen Krebserkrankungen bei Männern in einer Region im Landkreis Rotenburg (Wümme), Teil 1: Anlass, Planung und Datenerhebung

F Stümpel
1   Landkreis Rotenburg (Wümme), Gesundheitsamt Rotenburg (Wümme), Rotenburg (Wümme), Germany
› Institutsangaben
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
11. April 2018 (online)

 

Die Inzidenz von malignen Tumorerkrankungen nimmt in der Bundesrepublik Deutschland seit vielen Jahren zu. Gesundheitsämter werden zunehmend mit Meldungen über vermutete oder tatsächliche Häufungen von Krebserkrankungen konfrontiert.

Das Gesundheitsamt des Landkreises Rotenburg (Wümme) hat nach Hinweisen aus der Bevölkerung über eine potentielle Häufung von Krebserkrankungen in einer Gemeinde eine Anfrage an das Epidemiologische Krebsregister Niedersachsen gestellt (EKN). Diese Abfrage ist in einer Arbeitsgruppe mit Beteiligung von drei Bürgerinitiativen, einem von den Bürgerinitiativen benannten Experten, dem Niedersächsischen Landesgesundheitsamt (NLGA), dem EKN und dem Gesundheitsamt des Landkreises einvernehmlich erarbeitet worden.

Als Ergebnis wurde vom EKN für den Auswertungszeitraum 2003 – 2012 eine statistisch auffällige Häufung an hämatologischen Krebsneuerkrankungen bei Männern in der Samtgemeinde Bothel festgestellt. Da das EKN aus Datenschutzgründen keine Kontaktdaten der erkrankten Männer (Fälle) zur Verfügung stellen konnte, wurden für die Ursachenforschung 6978 Bewohnerinnen und Bewohner in der Samtgemeinde mit einem Fragebogen zu eigenen hämatologischen Krebserkrankungen sowie zu welchen bei Angehörigen schriftlich befragt. Auch dieses Vorgehen wurde wiederum in der Arbeitsgruppe intensiv beraten und konsensual beschlossen.

Zum Stichtag waren zunächst 3423 Rückläufe eingegangen so dass für eine möglichst hohe Rücklaufquote 3555 Erinnerungsschreiben versendet wurden, was schließlich zu insgesamt 4551 Antworten führte.

Für die weitere anonymisierte Bearbeitung wurden die Rückläufer mit einer ID-Nummer versehen und anschließend ausgewertet. Mit 360 Rücksendern wurden telefonische und persönliche strukturierte Interviews mit einem erweiterten Fragebogen durchgeführt, wenn eine entsprechende Krebsdiagnose durch Einsicht in medizinische Befundberichte gesichert war. Items waren z.B. Wohnort- sowie Berufshistorie, Freizeitverhalten etc.

Schließlich erfolgte noch eine Reihe von Fall-Kontroll-Analysen. Dabei wurden Wohnabstände von Fällen und je vier zugeordneten Kontrollen zu potentiellen Expositionsquellen (z.B. holz- sowie metallverarbeitende Betriebe, Erdgasförderanlagen, Bohrschlammgrube, Benzolemittenten, Pestizidausbringer) mittels bedingter logistischer Regression analysiert.

Die Ergebnisse der Auswertungen des EKN als auch der eigenen Daten wurden immer zunächst in der Arbeitsgruppe und zeitnah danach in Bürger- und Medieninformationsveranstaltungen präsentiert.

Dieses transparente und mit allen Beteiligten abgestimmte Vorgehen hat die Akzeptanz der Ergebnisse der Auswertungen wesentlich befördert.