Gesundheitswesen 2017; 79(04): e39-e49
DOI: 10.1055/s-0042-103966
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Freizeitlärmbelastung durch tragbare Musikabspielgeräte bei Schülern und Präventionsmöglichkeiten

Exposure of Pupils to Recreational Noise from Portable Listening Devices and Possible Preventive Measures
B. Grings-Pillin
1   Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, Bavaria, München
,
C. E. W. Herr
2   Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Sachgebiet Arbeits- und Umweltmedizin/Epidemiologie, Munich
,
C. Reiter
2   Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Sachgebiet Arbeits- und Umweltmedizin/Epidemiologie, Munich
,
L. Hendrowarsito
2   Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Sachgebiet Arbeits- und Umweltmedizin/Epidemiologie, Munich
,
R. Schmid
3   Gesundheitsamt G, Günzburg
,
D. Gerstner
2   Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Sachgebiet Arbeits- und Umweltmedizin/Epidemiologie, Munich
,
B. Brenner
2   Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Sachgebiet Arbeits- und Umweltmedizin/Epidemiologie, Munich
,
S. Kolb
4   Bavarian Health and Food Safety Authority, Occupational and environmental medicine/epidemiology, Munich
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
20. April 2016 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund und Studienziel: Die Belastung mit Freizeitlärm gewinnt aufgrund des sich ändernden Freizeitverhaltens zunehmend auch unter Kindern und Jugendlichen an Bedeutung. Daher war es Ziel der Pilotstudie „Ohrkan Kids“, bei Schülern der 6. Klasse die Exposition gegenüber Freizeitlärm durch mobile Musikabspielgeräte zu erfassen. Weiterhin sollten Präventionsmöglichkeiten zur Reduzierung der Freizeitlärmbelastung aufgezeigt werden.

Methoden: In „Ohrkan Kids“ wurden 38 Schülerinnen und Schüler einer bayerischen Mittelschule im Alter von 11 bis 14 Jahren mithilfe eines standardisierten Fragebogens bezüglich ihres Musikkonsums befragt. Zusätzlich wurden Messungen der üblicherweise von den Kindern eingestellten Lautstärke am tragbaren Musikabspielgerät durchgeführt. Zudem wurden die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), Krankenkassen sowie die Gesundheitsressorts und Kultusministerien der Bundesländer schriftlich bezüglich ihrer Präventionsaktivitäten im Bereich Freizeitlärm befragt.

Ergebnisse: Bei der Berechnung des äquivalenten Schallpegels basierend auf den Fragebogenangaben zur wöchentlichen Nutzungsdauer überschritten 10 von 31 Kindern (32,3%) den oberen Auslösewert aus dem Arbeitsschutz von 85 dB. Legt man die tatsächlichen Messwerte zugrunde, waren es 9 von 31 (29,0%) Kinder. Die DGUV sowie einige Bundesländer führen einzelne Projekte im Bereich Prävention der Freizeitlärmexposition durch.

Schlussfolgerung: Die hohe Anzahl von Kindern mit riskantem Musikkonsum weist darauf hin, dass Maßnahmen zur Prävention von freizeitlärmbedingten Gehörschäden schon bei 11 bis 14-Jährigen notwendig sind. Um möglichst viele Kinder zu erreichen, sollten sowohl verhaltens- als auch verhältnispräventive Maßnahmen eingesetzt werden, die altersgerecht und zielgruppenspezifisch konzipiert sein müssen. Da es bislang nur wenige Studien gibt, die die Effektivität von Aufklärungskampagnen zur Prävention von Freizeitlärm untersucht haben, sollten Präventionsprojekte zukünftig zur Abschätzung der Wirksamkeit gezielter evaluiert werden.

Abstract

Background and Objectives: Exposure to recreational noise is becoming increasingly important due to a change in leisure behavior amongst children and adolescents. The aim of this pilot study was to assess exposure of 6th grade pupils to recreational noise from portable listening devices (PLD). Furthermore, preventive measures to reduce recreational noise exposure should be identified.

Methods: In „Ohrkan Kids“, 38 Bavarian pupils aged 11 to 14 were interviewed regarding their music listening behavior using a standardized questionnaire. In addition, measurements of commonly used volume settings on the children’s portable listening devices were carried out. Furthermore, the German Social Accident Insurance (DGUV), health insurance companies as well as health and education ministries of the German federal states were surveyed regarding their activities in the prevention of recreational noise exposure.

Results: Based on the questionnaire data for weekly usage, 10 out of 31 children (32.3%) exceeded the upper exposure value of 85 dB recommended by labor protection law. Taking actually measured values, 9 out of 31 children (29%) exceeded this level. The DGUV and some federal states carry out specific projects for the prevention of recreational noise exposure.

Conclusion: The large number of children with hazardous music consumption indicates that measures for the prevention of noise-induced hearing loss are already required for 11 to 14 year olds. To maximize the number of children addressed, age-appropriate and target-group-specific preventive measures are needed. As there are only few studies which examined the effectiveness of awareness campaigns for the prevention of recreational noise, any future prevention projects should be evaluated with an increased focus on estimating their effectiveness.