Aktuelle Neurologie 2017; 44(02): 81
DOI: 10.1055/s-0042-121430
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wissenschaftlicher Betrug: Neue Nachweismethoden?

Scientific Fraud: New Detection Methods
H. C. Diener
Universitätsklinik für Neurologie Essen
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Publication Date:
02 May 2017 (online)

Leider kommt es in dem extrem kompetitiven Feld der klinischen und biomedizinischen Forschung immer wieder zu Betrugsfällen. Plagiate können in der Zwischenzeit relativ zuverlässig durch entsprechende Software-Instrumente identifiziert werden. Eine kürzlich in der Zeitschrift „Neurology“ erschienene Arbeit zeigt aber, dass es auch möglich ist, mithilfe von statistischen Methoden wissenschaftlichen Betrug nachzuweisen [1]. Eine Arbeitsgruppe aus Japan hatte zwischen 1997 und 2012 33 Studien publiziert, in denen unterschiedliche Therapieverfahren zur Behandlung und Prophylaxe der Osteoporose und des Schutzes vor knöchernen Frakturen bei verschiedenen neurologischen Krankheiten untersucht wurden. Mithilfe metaanalytischer Verfahren konnten Bolland et al. nachweisen, dass die biologischen Parameter, die zu Beginn der jeweiligen Studien erhoben wurden, statistisch hochsignifikant homogen waren und sich nicht voneinander unterschieden. Weiter konnten sie statistisch nachweisen, dass die Studien überzufällig häufig positiv ausgingen, dass die Sterblichkeit viel geringer als zu erwarten war und dass die Zahl der Therapieabbrüche signifikant kleiner war als bei der Komorbidität zu erwarten. Viele der Endpunkte wurden im Vergleich zu den Ergebnissen anderer Studien und Metaanalysen sehr viel häufiger erreicht.

Die japanischen Autoren haben in der Zwischenzeit den Großteil ihrer Publikation zurückgezogen. Die Arbeit von Bolland wirft viele wichtige Fragen auf.

  1. Sollten Herausgeber von wissenschaftlichen Zeitschriften und die statistischen Berater besser dahingehend geschult werden, möglichen wissenschaftlichen Betrug zu identifizieren?

  2. Ist es legitim, bei Autorengruppen, die in kurzer Zeit viele positive Studien publizieren, statistische Methoden anzuwenden, die die Validität dieser Ergebnisse überprüfen? Das ist schwierig, wenn die Studien in verschiedenen Zeitschriften publiziert werden.

  3. Der beste Schutz vor wissenschaftlichen Betrug sind große multizentrische Studien, bei denen die Datenbanken doppelt geführt werden (zum Beispiel in einer Firma und parallel dazu in einer akademischen Institution) und bei denen die statistische Auswertung von zwei unabhängigen Gruppen durchgeführt wird.

Leider werden auch diese Maßnahmen nicht mit 100 %iger Sicherheit Betrug in der Wissenschaft verhindern.

 
  • Literatur

  • 1 Bolland MJ, Avenell A, Gamble GD. et al. Systematic review and statistical analysis of the integrity of 33 randomized controlled trials. Neurology 2016; 87: 2391-2402