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DOI: 10.1055/s-0043-101860
Berufliche Präferenzen bezüglich Versorgungssektor und Position von Ärztinnen und Ärzten nach vier jähriger fachärztlicher Weiterbildung
Preference Changes Regarding Future Work Area and Intended Position Among German Residents after Four Years of ResidencyPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
21. Juni 2017 (online)

Zusammenfassung
Hintergrund Untersucht wurden die Präferenzen von Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung in Bezug auf Tätigkeitssektor (ambulant/stationär) und die angestrebte Position im jeweiligen Sektor (Anstellung/Freiberuflichkeit bzw. fach-/ober-/chefärztliche Position) nach ihrer fachärztlichen Anerkennung. Im Fokus stehen dabei geschlechtsspezifische Unterschiede und Einfluss von Elternschaft.
Methodik Jährliche standardisierte postalische Befragungen mit den Absolventinnen und Absolventen von medizinischen Fakultäten vom Praktischen Jahr bis nach vier Jahren Weiterbildung. Die Rücklaufquote betrug 48 % im 1. Jahr, in den Folgejahren stets 85 % und mehr. In allen Erhebungen waren ca. zwei Drittel der Befragten weiblich. Zur Datenauswertung wurden deskriptive Statistik und Regressionsanalysen angewandt.
Ergebnisse Das Krankenhaus wird im Vergleich zur vertragsärztlichen Versorgung bevorzugt, auch wenn die Attraktivität des Krankenhauses über die vier Weiterbildungsjahre abnimmt. Die Entscheidung für oder gegen das Krankenhaus hängt mit der gewählten Disziplin zusammen. Ambulante Versorgung ist mit Möglichkeiten zur Teilzeittätigkeit assoziiert. In der vertragsärztlichen Versorgung wird von Männern eher eine Niederlassung, von Frauen zunehmend ein Angestelltenverhältnis präferiert. Personen mit Kind und Personen, die eine Vollzeittätigkeit in der ambulanten Versorgung anstreben, präferieren die Niederlassung in eigener Praxis. Im Krankenhaus streben vor allem Männer Positionen mit Leitungsfunktion an, Leitungsposition ist mit Vollzeittätigkeit assoziiert. Zukünftige Führungskräfte finden sich primär in Universitätskliniken.
Folgerung Drei Tendenzen sind zu verzeichnen: Abneigung gegenüber Leitungspositionen, wachsendes Interesse an Teilzeitarbeit und wachsende Neigung zur Angestelltentätigkeit im ambulanten Sektor. Diese Tendenzen stellen eine Abkehr von traditionellen Leitbildern der medizinischen Profession dar. Die derzeitige Arbeitsmarktsituation erlaubt eine Realisierung dieser Präferenzen, damit einhergehenden Problemen der möglichen Unterversorgung muss deshalb von anderer Stelle entgegengewirkt werden. Ein Umdenken in der Geschlechterrollenverteilung ist kaum nachzuweisen.
Abstract
Introduction We investigated the preferences of medical residents in Germany with regard to future working place (hospital or private practice) and position (employment/self-employment in private practice; resp. specialist/senior or chief physician in the hospital). This is analysed in a gender comparative perspective, including the influence of parenthood.
Methods Annual postal surveys among graduates of seven medical faculties in Germany from their last year ("Practical Year") until after four years of postgraduate training. The return rate at baseline was 48 % and the four surveys after reached rates from 85 % up. In all samples about two thirds were women, which corresponds to the actual gender differentiation in under- and postgraduate training. Descriptive statistics and regression analyses were performed.
Results Compared to private practice the hospital is clearly preferred, although the attraction of hospital jobs decreased over the years. The decision for or against the hospital is connected to the discipline. Working in private practice is seen as possibility for part time work. Men prefer self-employment whereas women prefer to work under an employment contract. In the hospital, male doctors prefer to work in leading positions. Those positions are associated with full-time work. Leadership training especially takes place in university hospitals.
Discussion Three trends are recognized: Reluctance against leading positions, growing interest for part time work and rising popularity of work as an employee in private practice. Those trends can be understood as a rejection of traditional professional role models. The realization of these preferences is easily feasible because of the current labour market situation. Therefore, emerging problems have to be faced in another way. A change of gender-typical role models was rarely detected.
* geteilte Erstautorenschaft
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