PSYCH up2date 2018; 12(03): 227-237
DOI: 10.1055/s-0043-106981
Essstörungen, somatische Belastungsstörungen, Schlafstörungen und sexuelle Funktionsstörungen

Pharmakotherapie der Schlafstörungen

Lukas Frase
,
Ulrich Voderholzer
,
Christoph Nissen

Störungen von Schlaf und Wachheit sind von hoher klinischer Bedeutung. Als Erkrankungen, die zentrale Bereiche des menschlichen Lebens betreffen, können sie hohen Leidensdruck verursachen und die Lebensqualität deutlich einschränken. Man unterscheidet Schlafstörungen mit organischer Ursache von solchen nicht organischer Genese. Entsprechend unterscheidet sich auch die Therapie; so kann Pharmako- oder aber Verhaltenstherapie indiziert sein.

Kernaussagen
  • Störungen von Schlaf und Wachheit sind von hoher klinischer Bedeutung.

  • Bei Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus sollte bei Notwendigkeit einer medikamentösen Behandlung zunächst an Melatonin gedacht werden.

  • Zur Behandlung einer erhöhten Tagesschläfrigkeit dienen vor allem Modafinil und Methylphenidat.

  • Bei erhöhter Tagesschläfrigkeit muss über eine mögliche Einschränkung im Straßenverkehr oder in anderen Gefahrensituationen aufgeklärt werden.

  • Zur Kurzzeitbehandlung einer Insomnie sind vor allem kurzwirksame Benzodiazepine und Benzodiazepinrezeptor-Agonisten zugelassen. Eine Zulassung zur Langzeittherapie existiert nicht.

  • Die Kurzzeitbehandlung („off-label“) von Insomnien mit sedierenden Antidepressiva ist effektiv, wobei Kontraindikationen zu Beginn und im Verlauf geprüft werden sollen.

  • Unter einer Behandlung mit Antidepressiva sollte gezielt das Neuauftreten von RLS-Symptomen erfragt werden.

  • Die Langzeitbehandlung von Insomnien mit Benzodiazepinrezeptor-Agonisten wird aufgrund der Datenlage und möglicher Nebenwirkungen/Risiken (Toleranz, Abhängigkeit) nicht empfohlen.

  • Viele Substanzen, die zur Behandlung von Schlafstörungen infrage kommen, sind hierfür nicht zugelassen („Off-Label“-Gebrauch). Hierüber muss entsprechend aufgeklärt werden.

  • Bei intermittierenden ausgeprägten RLS-Beschwerden ist die medikamentöse Bedarfsgabe von 100/25 mg L-Dopa/Benserazid pro Tag möglich, bei mittel bis schwer ausgeprägtem RLS werden für die längerfristige Behandlung zunächst Dopamin-Agonisten empfohlen.

  • Parasomnien inklusive Pavor nocturnus und Schlafwandeln müssen in der Regel nicht pharmakologisch behandelt werden.



Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
14. Mai 2018 (online)

Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York

 
  • Literatur

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