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DOI: 10.1055/s-0043-106981
Pharmakotherapie der Schlafstörungen
- Einleitung
- Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus
- Hypersomnische Symptomatik
- Insomnische Symptomatik
- Medikamentöse Behandlung bei Spezialindikationen
- Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
- Literatur
Störungen von Schlaf und Wachheit sind von hoher klinischer Bedeutung. Als Erkrankungen, die zentrale Bereiche des menschlichen Lebens betreffen, können sie hohen Leidensdruck verursachen und die Lebensqualität deutlich einschränken. Man unterscheidet Schlafstörungen mit organischer Ursache von solchen nicht organischer Genese. Entsprechend unterscheidet sich auch die Therapie; so kann Pharmako- oder aber Verhaltenstherapie indiziert sein.
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Einleitung
Sowohl in der allgemein- und fachärztlichen Praxis als auch im Krankenhaus ist die Behandlung von Schlafstörungen oder Müdigkeit eine häufige Herausforderung. Bei den Empfehlungen zur Pharmakotherapie richtet sich die vorliegende Arbeit nach den aktuell verfügbaren Leitlinien. Die S3-Leitlinie „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen“ der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin (DGSM) von 2009 befindet sich aktuell in Überarbeitung [1]. Die bereits neu erschienenen Kapitel werden in den jeweiligen Abschnitten zitiert (z. B. Insomnie [2]). Ansonsten dienen die Empfehlungen der Leitlinie und neuere Übersichtsarbeiten als Orientierung.
Zur medizinischen Einordnung von Schlafstörungen stehen verschiedene Klassifikationssysteme zur Verfügung:
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ICSD: International Classification of Sleep Disorders
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ICD-10: International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems
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DSM: Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders
Auch wenn die ICSD, aktuell in der 3. Auflage von 2014 durch die „American Academy of Sleep Medicine“ (AASM) herausgegeben, spezifischer ist, wird im Alltag meist die ICD-10 (deutsch: Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) der Weltgesundheitsorganisation verwendet. Da diese bereits seit einigen Jahren genutzt wird und zum kommenden Jahr neu erscheinen soll, verweist dieser Beitrag an den relevanten Stellen zusätzlich auf die entsprechenden Diagnosen nach dem DSM der amerikanischen psychiatrischen Gesellschaft (APA). Dieses ist 2014 in der neuesten Auflage 5 auf Deutsch erschienen und weist eine Nähe zur oben genannten ICSD auf.
Aktuell wird erwartet, dass die Neuauflage des ICD-10 relevante Änderungen der amerikanischen Klassifikationssysteme aufnehmen wird. Eine der bedeutendsten Veränderungen ist die Neuorganisation der chronischen Schlafstörung als umfassendere Diagnose („Insomnia Disorder“). Sie kann auch bei Bestehen einer anderen Erkrankung als Komorbidität (nicht wie früher als Symptom) kodiert werden.
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Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus
Frau P. stellt sich in der hausärztlichen Praxis vor. Seit vielen Jahren leide sie unter chronischen Schlafstörungen. Oft liege sie die ganze Nacht wach und sei tagsüber unkonzentriert und schlecht gelaunt. Der Schlaf sei so schwer gestört, dass sie auch tagsüber nicht schlafen könne, auch wenn sie extra viel Zeit im Bett verbringe. Sie mache sich große Sorgen, dass der fehlende Schlaf schwere gesundheitliche Folgen haben könne.
Aufteilung in organische (G47.x) und nichtorganische (F51.x) Schlafstörungen, jeweils mit der zugehörigen Klassifizierungsziffer nach ICD-10.
G47.x Organische Schlafstörungen
F51.x Nichtorganische Schlafstörungen
G47.0 Ein- und Durchschlafstörungen
F51.0 Nichtorganische Insomnie
G47.1 Krankhaft gesteigertes Schlafbedürfnis
F51.1 Nichtorganische Hypersomnie
G47.2 Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus
F51.2 Nichtorganische Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus
G47.3 Schlafapnoe-Syndrome
F51.3 Schlafwandeln (Somnambulismus)
G47.4 Narkolepsie und Kataplexie
F51.4 Pavor nocturnus
F51.5 Alpträume (Angstträume)
G47.8 Sonstige Schlafstörungen
F51.8 Sonstige nichtorganische Schlafstörungen inklusive REM-Schlafverhaltensstörung
R32 Enuresis nocturna
F98.0 Enuresis nocturna
G25.80 Periodische Beinbewegungen im Schlaf (PLMS)
G25.81 Syndrom der unruhigen Beine (Restless-Legs-Syndrom)
Wie bei allen Lebewesen folgt die tägliche Schwingung zwischen Phasen mit hoher und niedriger Wachheit bzw. Schlafbereitschaft beim Menschen einer geregelten Rhythmik. Schrittmacherzellen im Nucleus suprachiasmaticus geben als übergeordnete Steuerinstanz zunächst einen etwa 24-h-Rhythmus vor. Dieser kann anschließend im Hypothalamus reguliert werden, um beispielsweise auf das Vorhandensein von Nahrung, sozialer Interaktion oder Gefahr reagieren zu können. Zudem ist es wichtig, dass die Aktivität an den externen Tag-Nacht-Rhythmus der Erde angepasst wird. Hierfür registrieren spezielle retinale Photorezeptoren die Helligkeit. Dieses Signal wird zum einen direkt in den Nucleus suprachiasmaticus weitergeleitet und zum anderen in der Epiphyse in Melatonin umgesetzt und regelt dann als Hormon die Anpassung des Schlaf-Wach-Rhythmus.
Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus entstehen oft durch ein verhaltensbedingtes Abweichen von einer grundlegenden 24-h-Rhythmik, beispielsweise durch Schichtarbeit oder Zeitzonenflüge (Jetlag).
Für Beschwerden durch Zeitzonenflüge liegen die meisten Studien zur Gabe von 0,5 – 10 mg (meist 5 mg) Melatonin vor. In Deutschland ist Melatonin nur mit verzögerter Freisetzung in einer Dosierung von 2 mg zur Behandlung einer Insomnie bei älteren Menschen (> 55 Jahre) zugelassen. Zudem konnten Studien die Verbesserung der Symptomatik durch die Gabe von Benzodiazepinen (Temazepam, Triazolam) und Zopiclon zeigen. Für Beschwerden durch Schichtarbeit (Schichtarbeitersyndrom) liegt ein Nachweis zur Verlängerung von Schlaf ebenfalls für Hypnotika vor. Hier können vor allem ein schlafverbessernder Effekt von 0,25 – 0,5 mg Triazolam, 20 mg Temazepam oder 7,5 mg Zopiclon beobachtet werden.
Aufgrund eines ungünstigen Nutzen-Risiko-Profils von Benzodiazepinen und Benzodiazepinrezeptor-Agonisten können diese Substanzen jedoch für zirkadiane Rhythmusstörungen nicht empfohlen werden.
Nach Möglichkeit sollte auf eine Änderung und Optimierung der ursächlichen Bedingungen hingearbeitet werden, da die Langzeittherapie mit den genannten Präparaten nicht zugelassen ist und ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Profil hat. Die Datenlage zu Melatonin beim Schichtarbeitersyndrom ist uneinheitlich. Untersuchungen zum Einsatz von 200 mg Modafinil oder 10 mg Methamphetamin zeigten eine verbesserte Leistung und Stimmung. Eine Zulassung besteht jedoch nicht („off-label“).
Zu empfehlen ist der gezielte Einsatz von Licht.
Bei chronischen Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus reduzierte eine abendliche Melatoningabe von 5 mg die Schlaflatenz bei einem Syndrom der verzögerten Schlafphase; bei irregulärem Rhythmus zeigten in Einzelberichten Dosierungen bis 3 mg eine Wirksamkeit [1].
Einen Sonderfall stellen vollständig blinde Menschen dar, die aufgrund einer ausgeprägten Netzhautschädigung oder des Verlustes beider Augen keine Photorezeptoren mehr besitzen. Bei einigen kommt es in der Folge zu einem freilaufenden Nicht-24-h-Rhythmus (bei einer endogenen Phasenlänge, die deutlich von 24 h abweicht und durch soziale Kontakte nicht mehr synchronisiert werden kann) mit episodisch auftretenden Schlafstörungen und teils deutlichen Störungen der Befindlichkeit und Leistungsfähigkeit.
Das Melatoninsignal kann in diesen Fällen medikamentös ersetzt werden. Hierfür steht der Melatoninrezeptor-Agonist Tasimelteon zur Verfügung. Er hat den Status eines Orphanarzneimittels, das heißt eines „Arzneimittels für seltene Leiden“ mit geringem Umsatz während des gesetzlichen Patentschutzes bei gleichzeitig hohen Entwicklungskosten. Die empfohlene Dosis von 20 mg/d sollte jeden Tag zur gleichen Zeit eingenommen werden: etwa 1 Stunde vor dem Schlafengehen.
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Hypersomnische Symptomatik
Schlafstörungen mit vermehrter Tagesmüdigkeit oder -schläfrigkeit werden als Hypersomnien zusammengefasst. Die vermehrte Tagesschläfrigkeit beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit im Wachzustand am Tage. In diesem sollen Informationen aus der Umwelt schnell bearbeitet und sich hieraus ergebende Verhaltenskonsequenzen schnell umgesetzt werden. Um dies zu erreichen, aktivieren Kerngebiete des aufsteigenden retikulären aktivierenden Systems (ARAS) einerseits den Thalamus als Relaisstation, andererseits direkt den Kortex.
Unter die spezifischen Hypersomnien subsumiert man Erkrankungen, die nicht durch eine andere schlafmedizinische Diagnose, wie eine zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmus-Störung oder schlafbezogene Atmungsstörung, erklärbar sind.
Bei hypersomnischen Erkrankungen oder einer schlafanstoßenden/sedierenden Medikation sollte anamnestisch unterschieden werden zwischen
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einer rein erhöhten Müdigkeit und
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einem erhöhten Risiko eines ungewollten Einschlafens in potenziell gefährlichen Situationen (Tagesschläfrigkeit).
Bei erhöhter Tagesschläfrigkeit muss immer über eine potenzielle Gefährdung im Straßenverkehr, beim Bedienen gefährlicher Maschinen oder bei anderen potenziell gefährlichen Tätigkeiten aufgeklärt werden. Die Fahrtüchtigkeit kann eingeschränkt oder aufgehoben sein.
Narkolepsie und Kataplexie
Die Narkolepsie ist die am besten verstandene Hypersomnie zentralnervösen Ursprungs. Sie ist charakterisiert durch eine länger als 6 Monate bestehende Tagesschläfrigkeit, teils in Verbindung mit Kataplexien, Schlaflähmungen, hypnagogen/hypnopompen Halluzinationen, fraktioniertem Nachtschlaf und automatischem Verhalten am Tag.
Goldstandard in der Diagnosestellung ist der polysomnografische Nachweis einer verkürzten Einschlaflatenz und eines vorzeitigen Auftretens von REM-Schlaf (Sleep-Onset-REM).
Die Diagnose der Narkolepsie sollte in einem spezialisierten Zentrum gestellt werden.
Die medikamentöse Therapie richtet sich nach der Zielsymptomatik. Zugelassen zur Behandlung einer exzessiven Tagesschläfrigkeit sind Modafinil in einer Dosierung von 200 – 400 mg (in Ausnahmefällen, bei guter Verträglichkeit und Therapieresistenz bis 600 mg) und Methylphenidat in einer Dosierung von 10 – 60 mg. Die genaue Wirkweise von Modafinil ist nicht bekannt. Gegenwärtig wird u. a. von einem selektiven α1-Agonismus als Mechanismus der wachheitsvermittelnden Wirkung ausgegangen.
Mit den zusätzlichen Indikationen Kataplexie, Schlaflähmungen, hypnagogen/hypnopompen Halluzinationen und fraktioniertem Nachtschlaf ist zudem Natrium-Oxybat (Gamma-Hydroxy-Buttersäure; GHB) zugelassen. Die Dosierung erfolgt immer in 2 Gaben von je 2,25 – 4,5 g zur Bettzeit und nach 2,5 – 4 Stunden.
Zur Behandlung von Kataplexien, aber auch Schlaflähmungen und hypnagogen/hypnopompen Halluzinationen ist zudem Clomipramin (REM-Schlaf-Suppression) in einer Dosierung von 10 – 150 mg zugelassen und wirksam [3].
Ohne spezifische Zulassung kommen vor allem bei unzureichendem Ansprechen für die Behandlung der Tagesschläfrigkeit zum Einsatz („off-label“):
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Ephedrin (25 – 75 mg, max. 250 mg)
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Dextroamphetamin(40 – 60 mg)
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Selegilin (20 – 40 mg)
Fluoxetin (20 – 60 mg) und Venlafaxin (37,5 – 300 mg) werden als Alternativen („off-label“) zu Clomipramin verwendet [3].
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Idiopathische Hypersomnie
Zur Behandlung einer idiopathischen Hypersomnie, das heißt einer exzessiven Tagesschläfrigkeit nach Ausschluss organischer und anderer Ursachen (z. B. Narkolepsie), liegen aufgrund der Seltenheit der Erkrankung wenige Studien vor. Gegenwärtig werden Stimulanzien vom Amphetamintyp und Modafinil empfohlen („off-label“). Im klinischen Gebrauch wird meist die für die Narkolepsie zugelassene Dosis von 200 – 400 mg Modafinil oder 10 – 60 mg Methylphenidat verwendet. Da auch hierdurch oft nicht ausreichende Besserung eintritt, ist die Entwicklung neuer Behandlungsmethoden der Hypersomnie, z. B. durch nicht invasive Hirnstimulation, notwendig [4].
Methylphenidat, Dextroamphetamin und Natrium-Oxybat unterliegen dem Betäubungsmittelgesetz. Entsprechende Vorschriften sind ebenso zu beachten wie ein potenzielles Missbrauchsrisiko.
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Insomnische Symptomatik
Grundsätzlich sollten bei Insomnie eine genaue Anamnese des Schlafverhaltens erfolgen und alle nicht medikamentösen Möglichkeiten, d. h. schlafhygienische Maßnahmen, ausgeschöpft werden. Schlafhygienische Maßnahmen sind oft nicht sofort, sondern erst nach konsequenter Anwendung über 1 – 2 Wochen wirksam, reichen in vielen Fällen aber alleine aus, um den Schlaf zu verbessern.
Darüber hinaus gibt es sehr gute Evidenz für die Wirksamkeit verschiedener kognitiv-verhaltenstherapeutischer Ansätze [2], [5]. Insgesamt ist natürlich eine sorgfältige Diagnostik bezüglich der Ursachen einer Insomnie von Bedeutung.
Eine Pharmakotherapie sollte daher erst dann erfolgen, wenn nicht medikamentöse Möglichkeiten nicht greifen oder aus anderen Gründen nicht durchführbar oder verfügbar sind.
Die bereits erläuterte zirkadiane Rhythmik und die Anpassung an die Tageszeit (Licht) werden im Hypothalamus mit aktivitätsabhängigen (homöostatischen) Variablen als Funktion der vorhergegangenen Wachzeit (Schlafdruck) moduliert. Das wichtigste schlafinduzierende Kerngebiet, die ventrolaterale präoptische Area (VLPO), nutzt dabei vor allem Gamma-Aminobuttersäure (GABA) als Neurotransmitter und vermittelt eine hemmende Wirkung auf alle Wachheit steigernden Kerngebiete des ARAS und den Kortex. Klassische Hypnotika setzen an der Steigerung dieser GABAergen Transmission an. Hierfür werden traditionell v. a. Benzodiazepine und Benzodiazepinrezeptor-Agonisten verwendet.
In Deutschland sind zur Behandlung einer Insomnie für die begrenzte Zeitdauer von 3 – 4 Wochen 0,5 – 1 mg Flunitrazepam (Cave: Betäubungsmittel), 15 – 30 mg Flurazepam, 0,5 – 1 mg Lormetazepam, 5 – 10 mg Nitrazepam, 10 – 20 mg Temazepam, 0,125 – 0,25 mg Triazolam sowie 5 – 10 mg Zolpidem und 3,75 – 7,5 mg Zopiclon zugelassen.
Die begrenzte Verordnungsdauer ist aufgrund des Abhängigkeitspotenzials wichtig. Oft bestehen die Symptome jedoch längerfristig. Das Fehlen einer sicheren und geeigneten Dauermedikation kann bei hohem Leidensdruck zu einer Verordnung auf Privatrezept führen, welche aus vielerlei Hinsicht, bspw. aus suchtmedizinischer Perspektive, kritisch zu sehen ist [6].
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Sorgfältige Indikationsstellung.
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Bei Abhängigkeitsanamnese vermeiden.
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Kleinste Packungseinheit verordnen.
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In möglichst niedriger, aber ausreichender Dosierung verordnen; Dosis möglichst frühzeitig reduzieren bzw. Dosierungsintervall vergrößern.
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Therapiedauer vor Behandlungsbeginn vereinbaren und Behandlungsnotwendigkeit in kurzen Zeitabständen überprüfen.
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Frühzeitig schrittweise Dosisreduktion.
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Aufklärung, dass Benzodiazepine keineswegs an Dritte weiterzugeben sind.
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Verordnungen von Benzodiazepinen stets eigenhändig ausfertigen und persönlich aushändigen.
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Beachtung der Fach- und Gebrauchsinformation.
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Alle Abhängigkeitsfälle an die Arzneimittelkommission melden.
Aufgrund der fehlenden Zulassung für die Langzeittherapie und des Nebenwirkungsprofils kommen in Deutschland mehrere andere Substanzgruppen mit sedierender Wirkung zum Einsatz. Hierbei liegt jedoch für die meisten Substanzen keine Zulassung vor („off-label“). Im Allgemeinen führt eine antagonistische Wirkung am ARAS (meist antihistaminerg, anticholinerg oder adrenolytisch, in selteneren Fällen antiserotonerg [Trazodon] und antidopaminerg [Trimipramin]) zu einer Sedierung und Verbesserung des Schlafes.
Die längerfristige Einnahme von Benzodiazepinen und Benzodiazepinrezeptor-Agonisten kann eine Toleranz mit ausgeprägter Abhängigkeit hervorrufen. Oft sind qualifizierte Entzugsbehandlungen notwendig. Zudem kann es nach Absetzen zu einer sogenannten Rebound-Insomnie kommen. Bei Substanzen mit längerer Halbwertszeit kann es zu einer Kumulation mit Wirkverstärkung und -verlängerung kommen. Gerade dann entsteht ggf. eine Gefährdung bei einer Teilnahme am Straßenverkehr. Die Dauereinnahme kann darüber hinaus Gedächtnisfunktionen und Affekt verschlechtern. Gerade bei älteren Menschen werden teils eine paradoxe Reaktion (z. B. Zunahme von Aggressivität) und Sturzgefahr (durch Muskelrelaxation) beobachtet. Komorbiditäten wie ein Schlafapnoesyndrom können verschlechtert werden.
Sedierende Antidepressiva können bei Patienten mit komorbider Depression eingesetzt werden, um Schlafstörungen zu behandeln. Hier sind vor allem 25 – 100 mg Amitriptylin, 25 – 100 mg Trazodon, 5 – 100 mg Trimipramin, 3,75 – 7,5 mg Mirtazapin und 25 – 50 mg Agomelatin zu nennen, wobei Letzteres erst verzögert nach längerer Einnahme auf den Schlaf wirkt.
In der Regel reichen Dosierungen aus, die deutlich unter den Dosierungen für eine Depressionsbehandlung liegen.
Bei Mirtazapin sind besonders die häufige Induktion eines Restless-Legs-Syndroms sowie eine oft erhebliche Gewichtszunahme zu beachten. Eine Sonderstellung nimmt Doxepin ein, das aufgrund der älteren Zulassung bis zu einer Dosierung von 100 mg auch für die Behandlung einer isolierten Schlafstörung zugelassen ist.
Die genannten Substanzen werden regelmäßig auch ohne komorbide Depression bei Insomnie verwendet, auch wenn hierfür keine Zulassung und klare Empfehlung besteht („off-label“). Die klinische Praxis zeigt dabei, dass teils gute Ergebnisse erzielt werden können. Die Kurzzeitbehandlung von Insomnien mit sedierenden Antidepressiva ist insgesamt als effektiv anzusehen, wobei Kontraindikationen zu Beginn und im Verlauf geprüft werden sollen [2].
Eine Alternative, gerade bei älteren Patienten, stellen sedierende Antipsychotika dar. Hier sind 25 – 100 mg Melperon, 40 – 120 mg Pipamperon und 25 – 100 mg Promethazin auch zur Behandlung von Schlafstörungen zugelassen. Andere Antipsychotika haben zwar durchaus sedierende Wirkung, sollten aber nur bei bestehender Grunderkrankung verwendet werden.
Für frei verkäufliche Antihistaminika und die ebenfalls sehr oft verwendeten Phytotherapeutika (Baldrian, Melisse, Passionsblume, Hopfen) liegt kein Nachweis des Nutzens vor. Aufgrund von geringer Wirksamkeit bei dieser Indikation – in Abwesenheit einer zirkadianen Rhythmusstörung – wird Melatonin nicht zur Behandlung von Insomnien empfohlen [2], [7].
Aus der Anamnese wird bereits deutlich, dass ein insomnisches Beschwerdebild mit Ein- oder Durchschlafstörung und Belastungen am Tage vorliegt. Es besteht jedoch keine erhöhte Tagesschläfrigkeit. Zunächst sollte nun eine ausführliche schlafbezogene Anamnese erfassen, ob ein adäquater Umgang mit Schlafzeiten und schlafbezogenen Verhaltensweisen vorliegt.
Es sollte überprüft werden, ob die Beschwerden durch eine somatische oder psychische Erkrankung oder Medikation ausgelöst oder verstärkt werden. Erst danach kann von einer primären Schlafstörung ausgegangen werden.
Therapeutisch sollte nun eine kognitiv-verhaltenstherapeutische Intervention erfolgen. Ist eine medikamentöse Behandlung gewünscht, kann gemeinsam zwischen den Vor- und Nachteilen einer kurzzeitigen Benzodiazepingabe und einem „Off-Label“-Behandlungsversuch mit einem sedierenden Antidepressivum abgewogen werden. Oft ist eine kognitive Verhaltenstherapie die beste Behandlung. Eine ausführliche Information und Beratung kann schlafbezogene Ängste abbauen. Hier kann auch das Erlernen von Entspannungsverfahren sinnvoll sein.
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Medikamentöse Behandlung bei Spezialindikationen
Parasomnien inklusive Pavor nocturnus und Schlafwandeln
Somnambulismus
Komplexe motorische Verhaltensweisen, die meist während der ersten Nachthälfte auftreten, werden als Schlafwandeln (Somnambulismus) zusammengefasst. Vor allem der Information und Beratung sowie der Vermeidung auslösender Faktoren (insbesondere Schlafmangel und Alkohol) kommt große Bedeutung zu. Für kein Verfahren liegen kontrollierte Behandlungsstudien vor. In Fallstudien wurden verschiedene Benzodiazepine und Antidepressiva getestet, eine klare Empfehlung existiert jedoch nicht [1]. Der Verzicht auf eine spezifische medikamentöse Empfehlung steht auch vor dem Hintergrund, dass es sich vermutlich um lokale Arousalstörungen in einzelnen Hirnarealen („local sleep“) handelt, die als medizinisch harmlos zu bewerten sind.
Bei Parasomnien besteht jedoch, insbesondere bei schwerer Ausprägung, ähnlich wie bei der REM-Schlaf-Verhaltensstörung, ein geringes Risiko, sich selbst oder andere schwer zu verletzen, z. B. durch Sprung aus dem Fenster oder Hantieren mit gefährlichen Gegenständen. Bei sehr häufigem Schlafwandeln oder Pavor nocturnus ist auf das Verletzungsrisiko hinzuweisen. Empfohlene Sicherheitsmaßnahmen sind z. B. Fenster absperren, keine gefährlichen Gegenstände auf dem Nachtkästchen aufbewahren und Ähnliches.
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Pavor nocturnus
Unter Pavor nocturnus versteht man das abrupte Hochschrecken aus dem Schlaf, meist im 1. Nachtdrittel, oft verbunden mit Schreien oder Wimmern. Gleichzeitig tritt meist eine vegetative Erregung mit Tachykardie, Tachypnoe und Rötung oder Kaltschweißigkeit auf. Das Phänomen wird medizinisch als harmlos angesehen, ist für die Angehörigen des Betroffenen jedoch oft sehr erschreckend. Zur Behandlung werden vor allem verhaltenstherapeutische Maßnahmen (z. B. Weckprotokolle) und Entspannungsverfahren empfohlen. In kleineren Studien verringerten sich die Symptome durch 2 mg/kg Körpergewicht L-5-Hydroxytryptophan vor dem Schlafengehen und durch Benzodiazepine.
Vor dem Hintergrund der eigentlich harmlosen Störung sollte die Indikation zur Pharmakotherapie sehr zurückhaltend gestellt werden [1].
Bei Erstmanifestation einer nächtlichen Verhaltensstörung im Erwachsenenalter sollte eine Vorstellung bei einem Schlafmediziner erfolgen. Eine neurologische Vorstellung mit Riechtestung, EEG und bildgebenden Verfahren wie MRT, ggf. auch die Darstellung der Dopamintransporter (mittels FP-CIT SPECT), kann zur Detektion einer neurodegenerativen Erkrankung sinnvoll sein.
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REM-Schlaf-Verhaltensstörung
Wird bei älteren Erwachsenen von schlafbezogenen Verhaltensstörungen in der 2. Nachthälfte berichtet, kann eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung (Schenk-Syndrom) vorliegen. Diese Erkrankung zeigt eine hohe Assoziation mit neurodegenerativen Erkrankungen. Während die Patienten meist keine Verschlechterung ihres Schlafs berichten, kann die fehlende motorische Inhibition zur Störung oder Gefährdung des Partners oder des Patienten selbst führen.
Das teils heftige Ausagieren aggressionsassoziierter Träume kann mit einer deutlichen Eigen- und Fremdgefährdung einhergehen. Patienten sind hierüber aufzuklären. Speziell auf eine Sicherung der Bettumgebung sollte hingewiesen werden (u. a. niedriges Bett, Polsterung des Bodens, Entfernung gefährlicher Gegenstände, Sicherung von Fenstern und Türen sowie ggf. Trennung der Bettpartner).
Zur Behandlung wird vor allem eine Reduktion des phasischen Muskeltonus im REM-Schlaf durch das Benzodiazepin Clonazepam empfohlen. Je nach Ansprechen werden zwischen 0,25 und 4 mg vor dem Einschlafen verabreicht. Dabei ist das Risikoprofil für unerwünschte Arzneimittelwirkungen unter Benzodiazepingabe zu beachten. Ähnlich gut scheint die Gabe von 3 – 12 mg Melatonin vor dem Zubettgehen zu helfen, auch wenn hier der Wirkmechanismus noch unklar ist. Beide Substanzen reduzierten in Studien auch das Risiko von nächtlichen Verletzungen. Mit geringerer Evidenzstufe verringert der Dopaminagonist Pramipexol (etwas schwächer auch L-Dopa) die Symptome einer REM-Schlaf-Verhaltensstörung. In Studien kamen zudem 10 – 15 mg/d Donepezil und 4,6 mg/d Rivastigmin mit gemischten Ergebnissen zum Einsatz [1], [8].
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Alpträume
Unter Alpträumen versteht man angstauslösende Träume, die üblicherweise während des REM-Schlafs in der 2. Nachthälfte vorkommen. Ein gehäuftes Auftreten kann zu phobisch motivierten Veränderungen des Schlafverhaltens und zu hohem Leidensdruck führen.
Empfohlen wird eine Verhaltenstherapie. Ergänzend eignen sich Techniken, die eine höhere Beeinflussbarkeit des Traumerlebens trainieren (Imagery Rehearsal Therapy).
Auch wenn viele Antidepressiva den REM-Schlaf unterdrücken und somit REM-assoziiertes Träumen reduzieren können, wird eine Behandlung aktuell nicht empfohlen [1]. Zusätzlich liegen Erfahrungen mit den α1-Adrenozeptor-Antagonisten 0,5 – 4 mg Prazosin (aktuell nicht mehr erhältlich) und Doxazosin vor [9], [10].
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Enuresis nocturna
Bei der Diagnostik und Therapie von einnässenden Kindern liegt der Fokus auf dem Erwerb einer vollständigen Blasenkontrolle, der Beseitigung bedeutsamer Komorbiditäten und dem Abbau psychischer und sozialer Belastungen.
Vor Beginn der Therapie einer nächtlichen Harninkontinenz sollen manifeste komorbide Störungen ebenso wie eine Harninkontinenz am Tag behandelt werden. Erst dann wendet sich der therapeutische Algorithmus der nächtlichen Symptomatik zu.
Hauptfokus ist zunächst die nicht medikamentöse Urotherapie, bei fehlender Besserung ggf. die apparative Verhaltenstherapie (AVT).
Alternativ kann eine Behandlung durch einen Spezialisten mit dem synthetischen Arginin-Vasopressin-Analogon Desmopressin angeboten werden, wenn eine AVT erfolglos war, abgelehnt wird oder aus anderen Gründen von der Familie nicht gewünscht wird oder nicht möglich ist. Zudem kommt Desmopressin bei sehr hohem Leidensdruck mit der Notwendigkeit einer raschen Besserung zum Einsatz. Etwa 30 – 60 Minuten vor dem Zubettgehen sollten 0,2 mg Desmopressin als Tablette oder 0,12 mg als Schmelztablette eingenommen werden. Nach 2 Wochen kann die Dosis bei unzureichendem Ansprechen verdoppelt werden.
Die Indikation zu einer medikamentösen Behandlung sollte sehr zurückhaltend gestellt werden [11].
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Nächtliche Atmungsstörungen (Schlafapnoesyndrom)
Die Therapie der nächtlichen Atmungsstörungen (Schlafapnoesyndrom) richtet sich nach polysomnografischen Kennwerten und der klinischen Symptomatik und ist nicht medikamentös. Ziele der Therapie sind ein ungestörter Schlaf mit weniger als 15 atmungsbezogenen Ereignissen pro Stunde Schlafzeit und der Rückgang der Tagesschläfrigkeit.
Die wichtigste Therapieform des ausgeprägten obstruktiven Schlafapnoesyndroms ist die nächtliche kontinuierliche Überdruckatmung („continuous positive airway pressure“, CPAP).
Gegenwärtig gibt es aufgrund eines fehlenden Wirksamkeitsnachweises keine Empfehlung für eine medikamentöse Behandlung nächtlicher Atmungsstörungen.
Bei bestehender Tagesschläfrigkeit trotz CPAP-Therapie kann nach der aktuellen S3-Leitlinie von 2017 eine Behandlung mit Modafinil („off-label“) erwogen werden [12]. Zum Einsatz kommen meist 200 mg Modafinil am Morgen.
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Periodische Beinbewegungen im Schlaf (PLMS) und Syndrom der unruhigen Beine (Restless-Legs-Syndrom)
Das Restless-Legs-Syndrom (RLS) gehört mit einer Prävalenz von 3 – 10% zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen. Die Diagnose erfolgt klinisch nach Ausschluss sekundärer Formen durch die charakteristische Symptomatik mit erheblichem Bewegungsdrang der Beine (seltener auch der Arme), der ausschließlich in Ruhesituationen auftritt, durch Bewegung gebessert oder beseitigt wird und abends bzw. nachts besonders ausgeprägt ist. Bei ca. 80% der Patienten tritt eine erhöhte Anzahl von periodischen Beinbewegungen im Schlaf (Periodic Limb Movement during Sleep; PLMS) auf. Periodische Beinbewegungen treten jedoch auch isoliert als sekundäre Folge anderer Störungen, ohne Krankheitswert oder als eigenständiges Syndrom auf.
Da RLS-Symptome oft sekundär auftreten, sind bei Erstdiagnose einige Untersuchungen notwendig. Bei Hinweisen auf eine Polyneuropathie kann eine Elektroneuromyografie sinnvoll sein. Laborchemisch sollten Hinweise auf einen Eisenmangel, eine Niereninsuffizienz oder Schilddrüsenfunktionsstörung ausgeschlossen werden (Ziel: Ferritin > 50 ng/ml, normale Nierenretentionsparameter und TSH, ggf. T3/T4). Zudem verstärken viele Medikamentengruppen, v. a. auch Antidepressiva und hier insbesondere Mirtazapin, PLMS und RLS-Symptome.
Die Pathophysiologie des RLS ist nicht abschließend geklärt. Theorien konzentrieren sich auf Störungen des zentralen Dopaminsystems, des zentralen Eisenhaushalts oder periphere (hypoxische) Schädigungen.
Die medikamentöse Therapie ist als rein symptomatisch anzusehen. Folgerichtig orientiert sie sich individuell am Ausmaß des Bewegungsdrangs und der Schlafstörungen. Zugelassen sind L-Dopa in Kombination mit Benserazid (auch retardiert verfügbar) und die nicht ergolinen Dopaminagonisten Pramipexol, Ropinirol und Rotigotin (nur als Pflaster).
Bei intermittierenden ausgeprägten RLS-Beschwerden ist die medikamentöse Bedarfsbehandlung mit 100/25 mg L-Dopa/Benserazid pro Tag möglich. Die Dosis kann bei unzureichender Wirkung auf 2 × 100/25 mg gesteigert werden.
Bei einer dopaminergen Therapie sollte die L-Dopa-Dosis 200 – 300 mg nicht überschreiten, da sonst ein höheres Augmentationsrisiko besteht. Hierunter versteht man einen früheren Beginn der Symptomatik im 24-h-Verlauf, ein schnelleres Einsetzen der Beschwerden in Ruhe und/oder ein Ausdehnen der Beschwerden auf andere Körperbereiche unter stabiler Therapie.
Ein niedriger Ferritinwert gilt als Risikofaktor für die Entwicklung einer Augmentation. Eine ausreichende Eisenversorgung sollte daher überwacht werden (Ferritin > 50 µg/l).
Zudem kann es unter einer dopaminergen Therapie zu einer Akathisie kommen, die RLS-Symptomen ähneln kann. Hier ist eine genaue Anamnese des Zeitverlaufs wichtig.
Bei mittel bis schwer ausgeprägtem RLS werden für die längerfristige Behandlung zunächst Dopaminagonisten empfohlen. Da beim RLS in der Regel deutlich geringere Dosierungen als bei der Behandlung des Morbus Parkinson ausreichen, sollte mit der geringsten Dosis begonnen werden und nur bei fehlendem Ansprechen langsam aufdosiert werden. Dies bedeutet für Pramipexol den Beginn mit 0,18 mg 1 × täglich (abends, Steigerung um 0,18 mg alle 4 Tage bis auf eine Maximaldosis von 0,54 mg). Bei Ropinirol sollte mit 0,25 mg abends begonnen werden (Steigerung an Tag 3 auf 0,5 mg, ab der 2. Woche auf 1 mg, ab der 3. Woche auf 1,5 mg und ab der 4. Woche auf 2 mg. Maximaldosis 4 mg/d). Die empfohlene Initialdosis des Rotigotin-Pflasters beträgt 1 mg/24 h (Steigerung wöchentlich um 1 mg/24 h, maximal 3 mg/24 h).
Nicht dopaminerge Substanzen sind in Deutschland für die RLS-Therapie bisher nur teilweise zugelassen. Für die Kombination Oxycodon/Naloxon gibt es eine Zulassung als Second-Line-Therapie von Patienten mit schwerem bis sehr schwerem idiopathischen RLS nach Versagen der dopaminergen Therapie. Zusätzlich existieren positive Erfahrungswerte für die Behandlung („off-label“) mit Gabapentin (bis 1800 mg/d) oder Pregabalin (bis 450 mg/d) von Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf Dopaminergika oder ausgeprägter Augmentation [13].
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Störungen von Schlaf und Wachheit sind von hoher klinischer Bedeutung.
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Bei Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus sollte bei Notwendigkeit einer medikamentösen Behandlung zunächst an Melatonin gedacht werden.
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Zur Behandlung einer erhöhten Tagesschläfrigkeit dienen vor allem Modafinil und Methylphenidat.
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Bei erhöhter Tagesschläfrigkeit muss über eine mögliche Einschränkung im Straßenverkehr oder in anderen Gefahrensituationen aufgeklärt werden.
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Zur Kurzzeitbehandlung einer Insomnie sind vor allem kurzwirksame Benzodiazepine und Benzodiazepinrezeptor-Agonisten zugelassen. Eine Zulassung zur Langzeittherapie existiert nicht.
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Die Kurzzeitbehandlung („off-label“) von Insomnien mit sedierenden Antidepressiva ist effektiv, wobei Kontraindikationen zu Beginn und im Verlauf geprüft werden sollen.
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Unter einer Behandlung mit Antidepressiva sollte gezielt das Neuauftreten von RLS-Symptomen erfragt werden.
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Die Langzeitbehandlung von Insomnien mit Benzodiazepinrezeptor-Agonisten wird aufgrund der Datenlage und möglicher Nebenwirkungen/Risiken (Toleranz, Abhängigkeit) nicht empfohlen.
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Viele Substanzen, die zur Behandlung von Schlafstörungen infrage kommen, sind hierfür nicht zugelassen („Off-Label“-Gebrauch). Hierüber muss entsprechend aufgeklärt werden.
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Bei intermittierenden ausgeprägten RLS-Beschwerden ist die medikamentöse Bedarfsgabe von 100/25 mg L-Dopa/Benserazid pro Tag möglich, bei mittel bis schwer ausgeprägtem RLS werden für die längerfristige Behandlung zunächst Dopamin-Agonisten empfohlen.
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Parasomnien inklusive Pavor nocturnus und Schlafwandeln müssen in der Regel nicht pharmakologisch behandelt werden.
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Dr. med. Lukas Frase, Freiburg.
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Lukas Frase
Dr. med. Funktionsoberarzt der schlafmedizinischen Station der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg. Arbeitsschwerpunkte sind die neuropsychiatrische Schlafforschung und die Modulation neuronaler Aktivität durch nicht invasive Hirnstimulation.
Ulrich Voderholzer
Prof. Dr. med. Ärztlicher Direktor der Schön Klinik Roseneck und Professor an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg. Habilitation über ein Thema der Schlaf-und Depressionsforschung. Langjährige klinische und wissenschaftliche Erfahrungen auf dem Gebiet der Schlafstörungen, u.a. Mitarbeit an zahlreichen klinischen Prüfstudien zur Insomniebehandlung. Forschungsschwerpunkte im Bereich Essstörungen und Zwangsstörungen.
Christoph Nissen
Prof. Dr. med. Chefarzt und stellvertretender Direktor an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Bern (Schweiz). Arbeitsschwerpunkte sind die Leitungen des Kompetenzzentrums für Psychotherapie, des Bereichs für affektive Störungen sowie der psychiatrischen Schlafforschung im interdisziplinären Schlaf-Wach-Epilepsie-Zentrum des Neurozentrums der Universitätsklinik.
Interessenkonflikt
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikgt vorliegt.
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Literatur
- 1 Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin. Hrsg. S3-Leitlinie: Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen. Somnologie (Berl) 2009; 13 (S1): 1-160
- 2 Riemann D, Baum E, Cohrs S. et al. S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen: Kapitel „Insomnie bei Erwachsenen“. Somnologie 2017; 21: 2-44
- 3 Gerloff C. Narkolepsie. In: Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Hrsg. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie: Entwicklungsstufe: S1. Berlin: DGN; 2012
- 4 Frase L, Maier JG, Zittel S. et al. Bifrontal anodal transcranial direct current stimulation (tDCS) improves daytime vigilance and sleepiness in a patient with organic hypersomnia following reanimation. Brain Stimul 2015; 8: 844-846
- 5 Riemann D, Baglioni C, Bassetti C. et al. European guideline for the diagnosis and treatment of insomnia. J Sleep Res 2017; 26: 675-700
- 6 Hoffmann F, Glaeske G. Benzodiazepine hypnotics, zolpidem and zopiclone on private prescriptions: use between 1993 and 2012. Nervenarzt 2014; 85: 1402-1409
- 7 Nissen C, Frase L, Hajak G. et al. Hypnotika – Stand der Forschung. Nervenarzt 2014; 85: 67-76
- 8 Devnani P, Fernandes R. Management of REM sleep behavior disorder: An evidence based review. Ann Indian Acad Neurol 2015; 18: 1-5
- 9 Broese M, Riemann D, Hein L. et al. α-Adrenergic receptor function, arousal, and sleep: mechanisms and therapeutic implications. Pharmacopsychiatry 2012; 45: 209-216
- 10 Roepke S, Danker-Hopfe H, Repantis D. et al. Doxazosin, an alpha-1-adrenergic-receptor antagonist, for nightmares in patients with posttraumatic stress disorder and/or borderline personality disorder: a chart review. Pharmacopsychiatry 2017; 50: 26-31
- 11 Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie und Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. Hrsg. Enuresis und nicht-organische (funktionelle) Harninkontinenz bei Kindern und Jugendlichen. Berlin: DGKJP, DGKJ; 2015
- 12 Mayer G, Arzt M, Braumann B. et al. Schlafbezogene Atmungsstörungen. In: Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin, Hrsg. S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen: Somnologie 2017; 20 (S2): 97-180
- 13 Trenkwalder C. Restless-Legs-Syndrom (RLS) und Periodic Limb Movement Disorder (PLMD). In: Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Hrsg. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie: Entwicklungsstufe: S1. Berlin: DGN; 2012
Korrespondenzadresse
Publication History
Publication Date:
14 May 2018 (online)
Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York
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Literatur
- 1 Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin. Hrsg. S3-Leitlinie: Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen. Somnologie (Berl) 2009; 13 (S1): 1-160
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