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DOI: 10.1055/s-0043-114427
Die Operation des Mammakarzinoms – eine ambulante Leistung?
Gesundheitsökonomische Betrachtung aus der Perspektive des Leistungserbringers Artikel in mehreren Sprachen: English | deutschPublikationsverlauf
received 09. Mai 2017
revised 19. Juni 2017
accepted 20. Juni 2017
Publikationsdatum:
24. August 2017 (online)
Zusammenfassung
Einleitung Die Versorgung der Mammakarzinompatientin ist äußerst komplex und erfordert die interdisziplinäre Versorgung in zertifizierten Strukturen, in denen zahlreiche Leistungen ohne entsprechende Vergütung angeboten werden. Dem gegenüber nimmt jedoch die Diskussion um die ambulante operative Mammakarzinomtherapie zur Kostenreduktion zu. Die vorliegende Analyse vergleicht die stationäre operative Therapie mit einem Modell der ambulanten OP-Durchführung, um die potenziellen Auswirkungen näher zu beleuchten.
Material und Methoden Es wurde ein theoretisches Modell entwickelt, in dem zunächst die Entgelte der DRGs der Operationen einer primären Mammakarzinompatientin berechnet wurden. Anschließend wurde eine theoretische 1-Tages-DRG kalkuliert, um eine Vergleichbarkeit zum ambulanten Sektor herzustellen. Folgend wurde die ambulante Operation entsprechend dem AOP-(Ambulantes-Operieren-)Vertrag bzw. dem EBM kalkuliert und der 1-Tages-DRG gegenübergestellt.
Ergebnisse Sowohl bei der brusterhaltenden Operation als auch Mastektomie ist die DRG-Vergütung für eine identische Leistung höher als innerhalb des EBM-Systems. Würde ein Krankenhaus eine brusterhaltende Therapie als ambulanten Eingriff durchführen, so beliefe sich das Entgelt auf 1313,81 € und läge somit je nach OP nur zwischen 39,20% und 52,82% der DRG-Entgelte. Und dies trotz der Annahme einer 1-Tages-Behandlung. Im Vergleich zu realen DRG-Entgelten wären die Unterschiede deutlich ausgeprägter.
Schlussfolgerung Zusammenfassend würde die ambulante Durchführung der Mammakarzinomoperation zu einer deutlichen Unterdeckung führen. Zusatzleistungen der zertifizierten Zentren, die aktuell ohne Zuschläge und adäquate Vergütung erbracht werden, wie die interdisziplinäre Therapieplanung, die psychoonkologische und sozialmedizinische Betreuung mit Einbindung der Angehörigen, die ausführliche Dokumentation, etc., könnten folgend nicht mehr aufrechterhalten werden. Die erreichte Prozess- und Ergebnisqualität und letztendlich die Versorgung in zertifizierten Strukturen selbst wären deutlich gefährdet.
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