Krankenhaushygiene up2date 2017; 12(04): 355-375
DOI: 10.1055/s-0043-117837
Präventionsmaßnahmen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Praktische Hygiene in Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Ernst Tabori
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Publication Date:
29 November 2017 (online)

Virale Infektionen in der Schwangerschaft sind besonders kritisch, da sowohl die Gesundheit der Schwangeren als auch die des ungeborenen Kindes gefährdet ist. So können einige Virusinfektionen zu einer erhöhten Abortrate, schwerwiegenden Entwicklungsstörungen und/oder Fehlbildungen führen. Durch das Beachten und Umsetzen der aktuellen Empfehlungen der modernen Krankenhaushygiene lässt sich das Risiko für vermeidbare Infektionen senken.

Kernaussagen
  • Bei allen Schwangeren muss bei Geburtsbeginn eine Herpesanamnese und eine Untersuchung auf genitale Herpesläsionen erfolgen [5], [13].

  • Alle Schwangeren sollen gemäß den aktuellen STIKO-Empfehlungen ab dem 2. Trimenon eine Influenzaimpfung erhalten – bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens bereits zu Beginn der Schwangerschaft. Der gut verträgliche Spaltimpfstoff bietet nachweislich einen Schutz sowohl für die Schwangere und das Ungeborene als auch für das Neugeborene in den ersten 6 Lebensmonaten [72].

  • Zur Schwangerschaftsbetreuung gehört ein generelles Screening aller Schwangeren zwischen der 35. und 38. SSW auf eine vaginale (oder rektale) Besiedlung mit B-Streptokokken [36].

  • Grundsätzlich wird vor jeder Sectio die routinemäßige Gabe einer präoperativen Antibiotikaprophylaxe empfohlen [15], [27]. Diese sollte wie allgemein üblich, 30 – 60 min vor Schnitt erfolgen [14], [55], [70].

  • Bei positivem HBsAG-Nachweis einer ungeimpften Mutter muss beim Neugeborenen unmittelbar nach der Geburt (innerhalb von 72 h) eine aktiv-passive Immunisierung (Simultanimpfung) begonnen werden [53].

  • Alle Wöchnerinnen sollten frühzeitig über die Ursachen von Stillproblemen, Brustentzündungen und über den präventiven Nutzen der Händehygiene informiert werden.

  • Eine postpartale Infektion mit Gruppe-A-Streptokokken ist ein lebensbedrohlicher Notfall. Die Patientin und ihr Kind müssen für mindestens 24 h nach Beginn einer wirksamen Antibiotikatherapie in einem Einzelzimmer untergebracht sein.

  • Grundsätzlich sollte es für alle Mitarbeiter im Gesundheitswesen selbstverständlich sein, alle empfohlenen Standardimpfungen erhalten zu haben. Außerdem sollten sie die jährliche Influenzaimpfung durchführen lassen [72].

  • Für das Personal in gynäkologisch-geburtshilflichen Abteilungen sind v. a. die Impfungen gegen Röteln, Windpocken, Keuchhusten, Masern, Diphtherie und Hepatitis B wichtig.

  • Medizinische Einrichtungen dürfen gemäß Präventionsgesetz das Einstellen von Beschäftigten in begründeten Fällen vom Bestehen eines erforderlichen Immun-resp. Impfschutzes abhängig machen [99].

  • Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass aus dem Fehlen einer gesetzlich verankerten Impfpflicht keine staatliche Neutralität hinsichtlich der Notwendigkeit von Schutzimpfungen abgeleitet werden darf. Denn auch unterhalb der Schwelle gesetzlicher Ge- oder Verbote anzusiedelnde Verhaltensempfehlungen entfalten eine Leitwirkung [8].