Suchttherapie 2024; 25(S 01): S47-S48
DOI: 10.1055/s-0044-1790407
Abstracts
Symposien
S29 Wenn Alkohol teurer wäre: erwarteter Nutzen und aktuelle Herausforderungen in der Alkoholpolitik

Können höhere Alkoholsteuern zu einer Verringerung der alkoholbedingten gesundheitlichen Ungleichheit beitragen? Ergebnisse einer Mikrosimulationsstudie

Carolin Kilian
1   Institute for Mental Health Policy Research, Centre for Addiction and Mental Health, Toronto, Kanada
,
Charlotte Probst
1   Institute for Mental Health Policy Research, Centre for Addiction and Mental Health, Toronto, Kanada
,
Charlotte Buckley
2   Department of Automatic Control and Systems Engineering, University of Sheffield, Sheffield, Vereinigtes Königreich
,
Jürgen Rehm
1   Institute for Mental Health Policy Research, Centre for Addiction and Mental Health, Toronto, Kanada
,
William Kerr
3   Alcohol Research Group, Public Health Institute, Emeryville, Vereinigte Staaten
› Author Affiliations
 

Hintergrund und Fragestellung: Verbrauchssteuern auf alkoholische Getränke zählen zu den von der Weltgesundheitsorganisation als kosteneffektiv empfohlenen Maßnahmen. Beobachtungsstudien legen nahe, dass Alkoholsteuern nicht nur die alkoholbedingte Krankheitslast auf Bevölkerungsebene verringern, sondern auch zum Abbau gesundheitlicher Ungleichheit zwischen Personen mit niedrigem und hohem sozioökonomischem Status (SÖS) beitragen können. Die vorliegende Studie überprüft diese Hypothese erstmals mit Hilfe eines innovativen Mikrosimulationsmodells.

Methoden/Erläuterung des Versorgungsprojektes: In einem dynamischen Computermodell simulieren wir Alkoholkonsum auf individueller Ebene für die Jahre 2000 bis 2019. Die synthetische Population repräsentiert die erwachsene US-Bevölkerung entsprechend ihrer Verteilung nach Geschlecht, Alter (18-79), ethnischer Zugehörigkeit und Bildungsabschluss (Indikator für SÖS). Das Sterberisiko jeder simulierten Person wird auf der Grundlage von Risikofunktionen für zehn alkoholbedingte Todesursachen modelliert. Die Modellparameter werden mit Hilfe eines Bayes’schen Ansatzes kalibriert. Um die Auswirkungen einer einmaligen Erhöhung der Alkoholsteuern auf die durch Alkoholkonsum verlorenen Lebensjahre getrennt nach Geschlecht und Bildungsgruppe zu untersuchen, werden kontrafaktische Szenarien mit verschiedenen Steuererhöhungen im Jahr 2015 berechnet.

Ergebnisse/Erfahrungen, Erwartungen: Vorläufige Ergebnisse deuten darauf hin, dass in Szenarien mit höherer Alkoholsteuer ein geringerer Verlust in den Lebensjahren aufgrund von Alkoholkonsum zu beobachten ist. Das Ausmaß der gewonnenen Lebensjahre variiert zwischen den Bildungsgruppen, wobei die Gruppe mit dem niedrigsten Bildungsabschluss die größten Gewinne aufzeigt. Diese positiven Effekte höherer Alkoholsteuern flachen in den Jahren nach der einmaligen Intervention ab.

Diskussion und Schlussfolgerung: Die Mikrosimulation ermöglicht es, die Auswirkungen höherer Alkoholsteuern auf den Alkoholkonsum und die alkoholbedingte Krankheitslast in verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu untersuchen. Das Computermodell trägt so zu einem besseren Verständnis der Wirkungsmechanismen alkoholpolitischer Maßnahmen bei und bietet Einblicke in deren Auswirkungen auf die gesundheitliche Ungleichheit. Die Erkenntnisse lassen sich auf andere Länder übertragen und sind für Deutschland als Hochkonsumland mit liberaler Alkoholpolitik von großer Bedeutung.

Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen: Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, welche die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.

Erklärung zur Finanzierung: National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism, National Institutes of Health (USA): R01AA028009 (Principal Investigator: Dr. Charlotte Probst).



Publication History

Article published online:
19 September 2024

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