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DOI: 10.1055/s-2000-3797
Mammographie oder Mammasonographie?
Publication History
Publication Date:
31 December 2000 (online)
Im Gegensatz zur Mammographie, die als Screening-Methode zur Erkennung von Brustkarzinomen allgemein anerkannt ist, wird die Mammasonographie immer noch als ergänzendes bildgebendes Verfahren zur Mammographie angesehen [1]. Die moderne Hochfrequenzsonographie [1] [2] [3] [4] unter Einschluss neuester Entwicklungen, wie der dreidimensionalen Darstellung anatomischer und pathologischer Bruststrukturen, erhebt jedoch die Frage, inwieweit hochfrequenter Brustultraschall bereits als Brustkrebsvorsorgeuntersuchung eingesetzt werden kann.
In der Tat übernimmt heute der Brustultraschall in Ergänzung zur Screening-Mammographie eine beträchtliche Screeningfunktion bei der sogenannten mammographisch „dichten” mastopathischen Brust oder als alleinige Methode bei der jüngeren Patientin.
Bezüglich der sonographischen Detektion nicht palpabler Karzinome finden sich in der Literatur heterogene Angaben. Während Ozdemir et al. [3] eine Sensitivität von 84 % und eine Spezifität von 65 % angeben, fanden Cilotti et al. [4] deutlich niedrigere Werte. In ihrer Vergleichsstudie Sonographie/Mammographie bei nicht palpablen Mammaläsionen konnten sie aufzeigen, dass die alleinige Screening-Mammasonographie unter Einschluss der Mikrokalzifikationen eine Gesamtsensitivität von 35 % und exklusive der Mikrokalzifikationen eine Sensitivität von 47 % aufwies. Für die Kombination aus Screening-Mammographie und ergänzender Mammasonographie ergab sich für die Sonographie unter Einschluss der Mikrokalzifikationen eine Sensitivität von 83 % und ohne Mikrokalzifikationen eine von 94 %. Die diagnostische Treffsicherheit (accuracy) lag unter diesen Bedingungen bei 83 %, unter Screening-Mammasonographiebedingungen bei 50,5 %.
Vergleichsweise ist bei der alleinigen Mammographie von einer Sensitivität von 85 - 90 % auszugehen.
Bei tastbaren Knoten liefert die Mammasonographie hingegen exzellente Ergebnisse. Bei der Untersuchung von 205 klinisch benignen Brusttumoren fanden Lister et al. [5], dass die Ultraschalluntersuchung im Vergleich zur Mammographie nicht nur eine bessere Treffsicherheit (accuracy) (97 % versus 87 %), sondern auch eine höhere Sensitivität (93 % versus 57 %) und einen höheren negativen prädiktiven Wert (99 % versus 92 %) hat.
Die Farbdoppler-Sonographie bzw. Powerdoppler-Sonographie (= Angio-Mode) erlaubt zusätzlich, die Perfusion von Mamma-Tumoren zu erfassen. Mammakarzinome zeigen eine Neovaskularisation mit irregulärer Gefäßarchitektur, arteriovenösen Shunts und fehlender Gefäßautoregulation. In zahlreichen Doppler-, Farbdoppler- und Powerdoppler-Sonographiestudien zur Unterscheidung zwischen benignen und malignen Mammaläsionen kamen unterschiedliche Parameter zum Einsatz: Anzahl der Gefäße, Durchschnittswert des Resistance-Index, Durchschnittswert der Flussgeschwindigkeit, maximale Flussgeschwindigkeit, Summe der Flussgeschwindigkeiten und Analyse des Gefäß- und Flussmusters. Probleme ergeben sich durch überlappende Ergebnisse bei benignen und malignen Mammabefunden. So finden sich einerseits Fibroadenome mit ausgeprägter Vaskularisation und gesteigertem Blutfluss, andererseits aber auch gering vaskularisierte Karzinome. Daraus ergibt sich für das native Colour Flow-Mapping nach Madjar u. Mitarb. [6] eine Sensitivität und Spezifität von ca. 90 %. Blohmer u. Mitarb. [7] verglichen bei 99 Karzinomen und 101 gutartigen Tumoren der Brust präoperativ die Wertigkeit der Farbdopplersonographie (CD) im Vergleich zur Mammographie (MG), zum Mamma-Ultraschall (US) und zur Magnetresonanztomographie (MRT). Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass die Farbdoppleruntersuchung keinen höheren diagnostischen Wert als die anderen Untersuchungsmethoden besitzt (Sensitivität: CD 82 %, MG 85 %, US 95 %, MRT 90 %; Spezifität: MRT 63 %, CD 75 %, MG 77 %, US 80 %). Das beste Ergebnis wurde durch die Kombination der verschiedenen Methoden erzielt. Hiermit konnten 93,3 % der Tumoren richtig eingestuft werden.
Mit dem Einsatz von Ultraschallkontrastmitteln ergibt sich eine Verbesserung der farbdopplersonographischen Darstellung von Gefäßmustern in benigne und maligne Mammaläsionen. Nach Stuhrmann u. Mitarb. [8] ist die besser darstellbare Tumorvaskularisation, bewertet nach Gefäßmorphologie, Blutgefäßgröße und Gefäßverlauf, für eine Verbesserung der Differenzierung in benigne und maligne Tumoren besonders geeignet. In dieser Studie konnte mit den obengenannten Parametern eine Sensitivität von 95 % und eine Spezifität von 83 % erzielt werden. Parameter wie der Grad des Kontrastmittel-Enhancements, Anzahl der Tumorgefäße und die Anflutungszeit des Kontrastmittels von Beginn der Injektion bis zum maximalen Enhancement zeigten in dieser Studie teilweise allerdings deutliche Überschneidungen bei der Einstufung in benigne und maligne Tumoren. Grüner u. Mitarb. [9] fanden in ihrer Studie nach Gabe des Echoverstärkers für die SD-Ratio bei einem Grenzwert von 3,5 eine Sensitivität von 85 % und eine Spezifität von 78,6 %. Huber u. Mitarb. [10] stellten eine computergestützte Auswertung zur Quantifizierung von Farbdoppler-Signalveränderungen vor. Der Medianwert der maximalen Colour Pixel Density (CPD) betrug 13 %. Wertet man alle Läsionen mit einer maximalen CPD über diesem Cut-off Wert als maligne, ergibt dieses Kriterium eine Treffsicherheit von 62 %. Eine 76 %ige Trefferwahrscheinlichkeit ergab sich aus der Unterscheidung des medianen Zeitintervalls bis zum Erreichen der maximalen CPD (alle Läsionen mit einem Zeitintervall unter 50 s).
Mit der neuesten Technologie, der dreidimensionalen Darstellung von Brustläsionen [11] [12] [13], ergeben sich weitere interessante diagnostische Aspekte. Während man im herkömmlichen zweidimensionalen Bild üblicherweise nur die sagittale und transversale Schnittebene zur Verfügung hat, bietet sich bei der dreidimensionalen Sonographie zusätzlich die frontale (= koronare) Schnittebene an. Insbesondere diese Schnittebene gestattet beim Karzinom die Darstellung des sog. Retraktionsmusters (siehe Titelbild), während benigne Strukturen ein Kompressionsmuster aufweisen [12] [13]. Bei der Unterscheidung von malignen und benignen Brusttumoren anhand dieser beiden Muster konnten Rotten u. Mitarb. [12] mit der 3D-Sonographie eine hohe Sensitivität (93,8 %), eine hohe Spezifität (91,4 %), einen hohen positiven Vorhersagewert (86,9 %) und einen hohen negativen Vorhersagewert (96,0 %) erzielen.
Einen weiteren völlig neuen Aspekt bietet die 3D-Sonographie bei der ultraschallgesteuerten Biopsie von Brusttumoren [14]. Während man mit der 2D-Sonographie die Nadellage nur in zwei Ebenen darstellen kann, lässt sich die Nadel mit der 3D-Sonographie in allen drei Ebenen kontrollieren und gegebenenfalls korrigieren, bevor der Tumor selbst punktiert wird. Somit wird gewährleistet, dass der Tumor stets zentral erfasst wird. Unter Verwendung eines erst kürzlich entwickelten Freihand-Mammotomes lässt sich damit gezielt ein qualitativ guter Gewebezylinder aus dem zentralen Tumorbereich gewinnen, wie erste Punktionen am eigenen Patientenkollektiv ergeben haben.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass derzeit auch unter Zuhilfenahme modernster 2D-Techniken ein alleiniges sonographisches Brustkrebs-Screening einem Mammographie-Screening noch unterlegen ist. Dagegen wird durch die Kombination von Mammographie und Mammasonographie die Sensitivität und damit der Nachweis von Brustkrebs unter Screeningbedingungen gesteigert. Die Farbdopplersonographie und die Gabe eines Ultraschallsignalverstärkers bieten zusätzliche Informationen zur Differenzierung in maligne und benigne Tumoren, wobei Überlappungsbereiche in Kauf genommen werden müssen. Dafür eröffnen sich damit weitere Möglichkeiten zur Differenzierung von Narbe und Lokalrezidiv.
Als nützlich wird die Sonographie bei Hochrisikofällen angesehen [1]. Der Stellenwert einer zusätzlichen „Intervall-Screeningsonographie” im Mammographiekontrollintervall bei hochpositiver Familienanamnese ist derzeit noch nicht ausreichend geklärt.
Für die zukünftige diagnostische Abklärung von Brusttumoren dürfte die Kombination aus 3D-Sonographie und Farbdoppler interessant werden, da damit nicht nur der gesamte Tumor, sondern auch das Tumorperfusionsmuster räumlich erfasst, beurteilt und abgespeichert werden können.
Literatur
- 01 Kossoff M B. Ultrasound of the breast. World J Surg. 2000; 24 143-157
- 2 Hackelöer B J. Breast ultrasound - the “gold standard” and other problems. Ultrasound Obstet Gynecol. 1998; 11 385-387
- 3 Ozdemir A, Oznur I I, Vural G, Atasever T, Karabacak N I, Gokcora N, Isik S, Unlu M. TL-201 scintigraphy, mammography and ultrasonography in the evaluation of palpable and nonpalpable breast lesions: a correlative study. EJR. 1997; 24 (2) 145-154
- 4 Cilotti A, Bagnolesi P, Moretti M, Gibilisco G, Bulleri A, Macaluso M, Bartolozzi C. Comparison of the diagnostic performance of high-frequency ultrasound as a first- or second-line diagnostic tool in non-palbable lesions of the breast. Eur Radiol. 1997; 7 1240-1244
- 05 Lister D, Evans A J, Burell H C, Blamey R W, Wilson A R, Pinder S E, Ellis I O, Elston C W, Kollias J. The accuracy of breast ultrasound in the evaluation of clinically benign discrete, symptomatic breast lumps. Clin Radiol. 1998; 53 490-492
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06 Madjar H, Schlief R, Schürmann R, Pfleiderer A.
Differentiation of breast lesions by color Doppler and duplex measurements. Signal enhancement by contrast agents. In: Kubista E, Staffen A, Zielinski Ch (eds) Breast Diseases. Bologna; Monduzzi Editore 1994: 117-123 - 07 Blohmer J U, Oellinger H, Schmidt C, Hufnagel P, Gelix R, Lichtenegger W. Comparison of various imaging methods with particular evaluation of color Doppler sonography for planning surgery for breast tumors. Arch Gynecol Obstet. 1999; 262 159-171
- 08 Stuhrmann M, Aronius R, Roefke C, Schietzel M. Vaskularisation von Mammatumoren: Einsatz des Ultraschallkontrastmittels in der Dignitätsbeurteilung. Vorläufige Ergebnisse. Fortschr Röntgenstr. 1998; 169 360-364
- 09 Grüner Ch, Schönwälder A, Schulz-Wendtland R, Lang N, Bautz W. Welche Rolle spielt die Farbdopplersonographie, unterstützt mit dem Echosignalverstärker Levovist, in der komplementären Mammadiagnostik?. Akt Radiol. 1998; 8 58-62
- 10 Huber S, Delorme S, Zuna I. Dynamische Erfassung der Kontrastmittelanflutung in der Dopplersonographie. Gegenwärtiger Stand. Radiologe. 1998; 38 390-393
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11 Rotten D, Levaillant J M, Zerat L.
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- 13 Weismann C F. Breast ultrasound - new frontiers of imaging?. Ultrasound Obstet Gynecol. 2000; in press
- 14 Weismann C F, Forstner R, Kainberger P. 3D-Mammasonographie. Eine neue Dimension zur Objektivierung der Biopsienadellage und Drahthäkchenmarkierung in der Brust. Ultraschall Med. 1999; Suppl 1 32
Prof. Dr. E. Merz
Oberarzt und Leiter des Zentrums für Ultraschalldiagnostik Universitäts-Frauenklinik
Langenbeckstraße 1 55131 Mainz