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DOI: 10.1055/s-2002-30691
Eine krankenhausökonomische Sicht - zur Publikation von Weimar et al. Kostenanalyse der Schlaganfallbehandlung in Deutschland
A Hospital Economics View - Comment to Weimar et al. „Cost of Stroke Care in Germany”Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
21. Mai 2002 (online)
Die Autoren versuchen, sich den stationären Kosten eines Schlaganfalles über die abgerechneten Pflegesätze (Erlöse) eines Krankenhauses zu nähern. An mehreren Stellen machen sie deutlich, dass sie eine absolut unzulässige Verknüpfung zweier Begriffe vornehmen und damit leider eine gefährliche Irreführung für zukünftige gesundheitspolitische Entscheidungen in Kauf nehmen. Beispiele sind: „Fallkosten (Erlöse)”, „aus den Erlösen auf die Kosten geschlossen” oder „wurden die Kosten in der dokumentierenden Klinik über eine Berechnung der Erlöse approximiert”.
Wenn - wie zur Zeit - die deutschen Krankenhäuser überwiegend (ca. 80 % der Erlöse) mit durchschnittlichen Tagessätzen je Patient vergütet werden, ist die Bildung eines Zusammenhanges zwischen patientenbezogenen, aber auch diagnosebezogenen Kosten und Erlösen unmöglich.
Bei den durchschnittlichen Pflegesätzen handelt es sich um so genannte „Abschläge” auf ein vereinbartes Budget. Das bedeutet, zuerst verhandelt ein Krankenhaus mit den Krankenkassen ein jahresbezogenes Gesamtbudget. Dann wird dieses auf die einzelnen bettenführenden Abteilungen verteilt und nach Herausnahme von Leistungen, die über Fallpauschalen und Sonderentgelte vergütet werden, verbleiben die Kosten jeder Abteilung, die nach weiteren Bereinigungen durch Division mit den geplanten Tagen eines Jahren den durchschnittlichen Pflegesatz pro Tag ergeben.
Treten alle bei der Berechnung getroffenen Annahmen tatsächlich ein, wird die Summe der in Rechnung gestellten Pflegesätze eines Jahres genau wieder dieses Abteilungsbudget ergeben. Dabei ist es irrelevant, welche Patienten mit welchen Krankheitsbildern in der Realität behandelt wurden. Entscheidend ist die Division eines Geldbetrages durch eine Anzahl Tage.
Die Autoren geben an, die Pflegesätze ohne Ausgleiche und Zuschläge gemäß Leistungs- und Kostenaufstellung (im Folgenden LKA) des betreffenden Zeitraumes nach Selbstauskunft übernommen zu haben. Dabei wurden sowohl die Abteilungspflegesätze als auch die Basispflegesätze berücksichtigt.
Man muss sich sehr genau mit der Entstehung von derartigen durchschnittlichen Pflegesätzen befassen, um beurteilen zu können, wie sie sich ergeben und was sie wirklich aussagen können:
Die Güte einer LKA gemessen an der verursachungsgerechten Zuordnung von Kosten zu Abteilungen (nicht Stationen, nicht Patienten) hängt u. a. davon ab, wie ausgereift die hausinterne Kostenrechnung ist, wie tief eine innerbetriebliche Leistungsverrechnung erfolgt etc. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass dies standardisiert über alle an der Studie beteiligten Häuser gleichartig vorgenommen wurde. Eine Vorgabe, wie das Kalkulationshandbuch im Rahmen der DRG-Einführung, gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Das bedeutet, dass keine Vergleichbarkeit und keine Patientenbezogenheit der Pflegesätze besteht. Abgesehen von der Systematik der LKA stellt sich das Problem, das die Autoren ja durchaus selbst sehen: In die geplanten Kosten einer Abteilung gehen in Form einer Mischkalkulation sämtliche Patienten einer Abteilung ein. Der durchschnittliche Pflegesatz ist also von dem gesamten Spektrum einer Abteilung abhängig, keineswegs nur von den Strokepatienten!Wenn dann noch zugestanden wird, dass die tatsächlich verursachten Kosten pro Tag üblicherweise am Anfang eines Krankenhausaufenthaltes höher sind als am Ende, ist der durchschnittliche Abteilungspflegesatz überhaupt nicht mehr brauchbar, um einen Patientenbezug bei den Kosten herzustellen. Die Verwendung von durchschnittlichen Basispflegesätzen ist aber genauso abwegig. Neben zum Beispiel baulichen Gegebenheiten gehen u. a. die Höhe und die Anzahl der Zimmerzuschläge für gesonderte Unterkunft in den Basispflegesatz ein. Die Behandlungskosten im Sinne der Autoren wären dann zum Beispiel davon abhängig, ob ein Krankenhaus viele 2-Bett-Zimmer verkauft oder nicht!
Es bleibt als Fazit: Pflegesätze, wie sie zur Zeit verwendet werden, können nichts über die tatsächlichen Behandlungskosten aussagen! Die Summe aller Pflegesätze eines behandelten Patienten stimmen allenfalls nur zufällig mit seinen tatsächlich verursachten Kosten überein.
Mit den Erkenntnissen dieser Studie lässt sich die Kostenreduktion durch Stroke Units nicht bestätigen, das Gegenteil aber auch nicht! Den Kosten eines stationären Aufenthaltes hat sich diese Studie noch nicht einmal genähert. Es ist irreführend, daraus gesundheits- bzw. „versorgungspolitische” Schlüsse ziehen zu wollen.
Erst mit der Ermittlung der Relativgewichte für das deutsche Fallpauschalensystem wird es eine diagnosebezogene standardisierte Berechnung der Behandlungskosten geben. Alles was vorher geschieht, ist weder im Krankenhausalltag noch wissenschaftlich fundierbar. Aktuell musste der Versuch, „Stroke-Kosten zu berechnen”, an systemimmanenten Problemen scheitern.
Dr. Susann Breßlein
Geschäftsführerin der Klinikum Saarbrücken gGmbH
Winterberg 1
66119 Saarbrücken
eMail: bresslein@klinikum-saarbruecken.de