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DOI: 10.1055/s-2002-30695
Zum Stellenwert von Stroke Units
The Value of Stroke UnitsPublication History
Publication Date:
21 May 2002 (online)
Schlaganfälle sind die häufigste Diagnose in neurologischen Kliniken (s. Manwart et al., Akt Neurol 2002; 29: 166 - 170). Als dritte Publikation nach Busse (Akt Neurol 2002; 29: 171 - 175) und Ringleb et al. (Akt Neurol 2002; 29: 176 - 180) veröffentlicht die Aktuelle Neurologie nun zur Schlaganfallbehandlung in Deutschland eine „Kostenanalyse” von Weimar et al. (Akt Neurol 2002; 29: 181 - 190) Grundlage bildet die Auswertung der Dokumentationsbogen der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe.
Das Thema ist bekanntlich brisant. Sensible Punkte sind nicht nur die Kosten im Gesundheitswesen, sondern auch die Vorbehalte der Kostenträger, die sich vielfach nur halbherzig auf die Einrichtung von Stroke Units eingelassen haben. Im Gegensatz zum Stellenwert der Zentren für die Behandlung von Herzinfarkten hat sich ein analoges Management des Schlaganfalls im Bewusstsein der Entscheidungsträger leider noch nicht durchgesetzt. Das ist ganz unverständlich, weil für den Schlaganfall die Notfallsituation in gleicher Weise wie für den Herzinfarkt ist und sehr ähnliche pathophysiologische Grundlagen bestehen.
Die Erwartungen in die Untersuchung von Weimar et al. waren wohl unrealistisch. Die Verkürzung der Liegedauer auf den Stroke Units um 3,64 Tage (- 22,4 %) bei einer etwas längeren stationären Rehabilitation um 1,38 Tage (+ 7,7 %) ist allerdings ein wichtiges Ergebnis. Die errechneten Kosten je Schlaganfall spiegeln vor allen die widersinnige Usance, „teure” und „preiswerte” Krankheiten und Kranke nur im Durchschnitt (nämlich in den Tagespauschalen) zu berücksichtigen. Und das wird auch in Zukunft kaum besser durch Einführung der DRG-Pauschalierungen, die unter der Vorgabe von Kostenneutralität erfolgen und auf den verfügbaren (d. h. jetzigen) Daten kalkuliert werden müssen. Wirklich sachgerechte Kostenermittlungen werden damit auch zukünftig verbaut.
Kritisch anzumerkende Punkte zur Methodik, vielfältige und gewichtige, gehen aus vier Kommentaren hervor (Aichner/Kaste, Linz/Helsinki; Ringelstein et al., Münster; Breßlein, Saarbrücken; Berger/Keil, Münster). Sie zeigen die Schwierigkeiten auf, die sich aus der unterschiedlichen Ausstattung der Stroke Units in Deutschland, aus der schwierigen Situation zur Erlangung von Kostendaten in den Kliniken und aus dem Mangel an Ressourcen zur Durchführung solcher Studien ergeben. Und es wird sehr deutlich, dass der Analyseversuch mit den verfügbaren Möglichkeiten nicht zu wirklich befriedigenden Antworten führen kann. Wir veröffentlichen diese Kommentare zeitgleich, um dem Leser die Möglichkeit zu umfassender Information zu geben.
Immerhin hat diese Untersuchung Maßstäbe gesetzt für nachfolgende Untersuchungen zur Kostensituation:
Die vorliegenden Dokumentationssysteme sind offenbar nicht zureichend, und irgendein Oktrey zur Anwendung dieses oder jenes Systems ist nicht dienlich. Die Kostenaufgliederungen, die derzeit seitens der Krankenhäuser verfügbar sind, eignen sich offenbar nicht als Erhebungsgrundlage. Die Kosten für eine adäquate Dokumentation sind enorm hoch anzusetzen.
Unabhängig von den numerischen Ergebnissen hat der gesamte Prozess, in den der Aufbau der Stroke Units eingebettet war, mit seiner engagierten Diskussion unter den Ärzten und der nicht zuletzt daraus resultierenden intensiveren Beschäftigung mit dem Schlaganfallpatienten eine sehr positive Wirkung entfaltet. De facto ist die Versorgung des Schlaganfalls in den letzten Jahren deutlich besser geworden. Ein wesentlicher Punkt dabei ist zweifellos die Schaffung von Einheiten, die auf die Zielgruppe „Schlaganfallpatient” spezialisiert sind, wie die Erfahrungen mit anderen Krankheiten belegen.
H. C. Hopf, Mainz
Hanns Christian Hopf
em. Direktor der Neurologischen Universitätsklinik
Langenbeckstraße 1
55101 Mainz