Zusammenfassung
Um 1900 waren Geschlechtskrankheiten zu einem der zentralen Themen der Sozial- und Gesundheitspolitik geworden. In Deutschland sahen die Zeitgenossen in der Verbreitung der Geschlechtskrankheiten ein Symptom für den sittlichen Verfall der wilhelminischen Gesellschaft. Die Gründung der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten (DGBG) im Jahre 1902 ist vor diesem Hintergrund zu sehen. Die DGBG setzte sich in erster Linie für die Aufklärung der Bevölkerung über die Gefahren der Geschlechtskrankheiten ein. Innerhalb weniger Jahre wuchs die DGBG zu einem der zentralen sozialreformerischen Vereine heran. Insbesondere in den Jahren der Weimarer Republik gelang es der DGBG, als Expertengremium in entscheidendem Maße die Grundgedanken des 1927 verabschiedeten Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten mitzubestimmen. 1933 hörte die DGBG auf, als eigenständiger Verein zu existieren. Viele ihrer jüdischen Mitglieder wurden Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung. Nach mehreren Anläufen gelang es nach dem Zweiten Weltkrieg, die DGBG nunmehr in erster Linie als Fachgesellschaft der Venerologen wieder zu begründen.
Abstract
Around 1900 venereal disease had become one of the most important issues in social and health policy. Germans of that period viewed the spread of venereal disease as a symptom of the moral decay in Wilhelminian society. It was in this setting that the German Society for Combatting Venereal Disease (DGBG) was founded in 1902. Its primary objective was to enlighten the population about the risks of venereal disease. Within a few years, the DGBG grew to become one of the key associations for social reform. Particularly in the years during the Weimar Republic, as a panel of experts the DGBG succeeded in having a crucial voice in the principles governing the 1927 Venereal Diseases Act. In 1933 the DGBG ceased to exist as an autonomous association. Many of its Jewish members became the victims of Nazi persecution. Following several attempts at reviving the DGBG, it was finally founded again after World War II, primarily as an organisation of professional venereologists.
Literatur
-
1 Aufruf zur Begründung einer Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten 1902/03 1: 1-3
-
2
Blaschko A.
Krieg und die Geschlechtskrankheiten.
Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten.
1914;
14
111
-
3 Blaschko A. Die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. Leipzig; Barth 1920
-
4 Borelli S, Vogt H J, Kreis M. Geschichte der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. Berlin; Blackwell 1992
-
5 Mitgliederversammlung der DGBG v. 18. 11. 1933. Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten 1933 31: 170-171
-
6
Neisser A.
Die Aufgaben der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten.
Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten.
1902/03;
1
30-40
-
7
Pappritz A.
(Bericht über die Gründungsversammlung der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten in Berlin am 19. Oktober 1902).
Soziale Praxis.
1902/03;
12
106
-
8 Satzung. Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten 1902/03 1: 41
-
9 Sauerteig L. Krankheit, Sexualität, Gesellschaft: Geschlechtskrankheiten und Gesundheitspolitik in Deutschland im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Stuttgart; Franz Steiner 1999
-
10
Sauerteig L.
Medizin und Moral in der Syphilisbekämpfung.
Medizin, Gesellschaft und Geschichte.
2000;
19
55-70
Dr. phil. L. Sauerteig
Institut für Geschichte der Medizin · Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Stefan-Meier-Straße 26 · 79104 Freiburg
eMail: Lutz.Sauerteig@igm.uni-freiburg.de