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DOI: 10.1055/s-2003-41947
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Sonoquiz
Sono-QuizPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
16. September 2003 (online)
Im Rahmen eines Ultraschallkurses wurde bei einer 26-jährigen Teilnehmerin der im Bild dargestellte Befund im rechten Leberlappen erhoben. Die Anamnese war bis auf die Einnahme oraler Kontrazeptiva leer, die Leberwerte lagen im Normbereich.
Welche Differenzialdiagnosen ergeben sich aus dem Befund und welches weitere diagnostische Vorgehen halten Sie für angebracht?
Antwort: Sonographische Diagnostik solider Leberraumforderungen
Abb. 1 Das Bild zeigt eine glatt begrenzte, homogen echoarme Raumforderung von 3-4 cm Größe mit angedeutetem echoreichen Nabel am distalen Rand.
Differenzialdiagnostisch kommt bei der jungen Frau in erster Linie eine fokale noduläre Hyperplasie (FNH) infrage, in zweiter Linie ist ein Leberadenom zu erwägen. Seltene Differenzialdiagnosen wären maligne Veränderungen wie die umschriebene Lymphominfiltration, ein fibrolamelläres oder hepatozelluläres Karzinom oder eine Lebermetastase.
Als weitere Diagnostik wurden eine farbkodierte Duplexsonographie und Kontrastmittel-Sonographie vorgenommen. Es ergaben sich die folgenden Befunde:
Abb. 2 Der Farbdoppler (Powerdoppler) zeigt ein am distalen Rand einstrahlendes Gefäß, das sich zentral in der Raumforderung sternförmig verzweigt.
Abb. 3 Die Flussdarstellung zeigt, dass es sich um arterielle Gefäße mit hohem diastolischen Fluss handelt.
Abb. 4 Kontrastmittel-Sonographie (SonoVue), arterielle Phase: Bereits 18 Sekunden post injektionem kommt es zu einer vollständigen Anfärbung des Tumors. Dies geschieht noch vor der Kontrastierung des Lebergewebes.
Abb. 5 Kontrastmittel-Sonographie (SonoVue), späte portalvenöse Phase: Lebergewebe und Tumor sind gleichmäßig kontrastiert, der Tumor ist in dieser Phase nicht mehr erkennbar.
Die B-Bild-Sonographie der soliden Leberraumforderungen zeigt nur bei der typischen Metastase und beim typischen Hämangiom einen pathognomonischen Befund. Hier kann auf den Einsatz weiterer bildgebender Verfahren verzichtet werden, ggf. wird die sonographisch gezielte Punktion zur histologischen Differenzialdiagnose herangezogen. Alle anderen soliden Tumoren, so auch der in diesem Fall gezeigte, sind mit der alleinigen B-Bild-Sonographie nicht hinreichend sicher zu charakterisieren. Hier wird meist ein zweites Schnittbildverfahren wie die CT oder die Kernspintomographie eingesetzt.
Die Einführung der farbkodierten Duplexsonographie vor mehr als 15 Jahren hat an diesem Tatbestand wenig geändert; nur die FHN zeigt hier einen pathognomonischen Befund.
Nach Einführung des ersten lungenkapillargängigen Kontrastmittels vor etwa 10 Jahren wurde das Thema der sonographischen Tumorcharakterisierung erneut aufgerollt. Aber auch hier ließ die Phase der Ernüchterung nicht lange auf sich warten. Obwohl immer wieder typische Befunde beschrieben wurden, waren diese entweder nicht reproduzierbar oder aber nur mit spezieller, nicht allgemein zugänglicher Gerätetechnik zu erheben.
Seit 1-2 Jahren erleben wir nun eine Revolution auf dem Gebiet der kontrastmittelgestützten Sonographie. Es haben sich nämlich zwei Entwicklungen fast gleichzeitig, und das ist hier entscheidend, vollzogen:
zum einen wurden neue Kontrastmittel mit wesentlich kleinerer Partikelgröße (2,5 µm anstelle von 7-8 µm) und guter Stabilität entwickelt und in den Markt eingeführt, zum anderen wurden parallel hierzu von allen Ultraschall-Geräteherstellern kontrastmittelspezifische Techniken entwickelt, die sowohl den ausgesandten Ultraschallimpuls wie auch die Signalverarbeitung der empfangenen Echosignale betreffen. Man erreicht so einen extrem hohen Signal-Rausch-Abstand, was die Verwendung sehr geringer Schallintensitäten (nur etwa 1 -3 % der normalen Sendeleistung) erlaubt. Die Beobachtung der Organperfusion über einen längeren Zeitraum wird möglich, ohne dass die Kontrastmittelbläschen wesentlich zerstört werden.
Die Ultraschallkontrastmittel der zweiten Generation erlauben nun im Verbund mit der o. a. speziellen Gerätetechnik eine Gewebecharakterisierung anhand des Perfusionsmusters. Hierfür ist die Leber, die sowohl eine arterielle als auch eine portalvenöse Perfusion aufweist, besonders geeignet.
Unser Beispiel zeigt die Charakteristika einer typischen FNH:
Die Abb. [2] und [3] sind bereits ausreichend für eine sichere Diagnose. Sie zeigen eine radspeichenartiges arterielles Gefäßnetz mit hohem diastolischen Fluss. Aufgrund dieses typischen Befundes war bei unserer Kursteilnehmerin die Diagnose einer fokalen nodulären Hyperplasie bereits vor 4 Jahren gestellt worden.
Die jetzt ergänzend durchgeführte Kontrastmittelsonographie zeigt eine starke KM-Anreicherung des Tumors in der arteriellen Phase. Das Lebergewebe ist hier noch nicht kontrastiert. Nach Anflutung des Kontrastmittels über die Pfortader (portalvenöse Phase) zeigt sich das Lebergewebe signalreich; auch der Tumor bleibt weiterhin kontrastiert und ist nicht mehr erkennbar. Dieses Signalverhalten ist typisch für die FNH, da diese neben der arteriellen auch eine portalvenöse Gefäßversorgung hat. Eine Lebermetastase wäre in dieser Perfusionsphase signalfrei und würde sich deutlich vom umliegenden Lebergewebe demarkieren.
Dr. E. Günter
Innere Medizin II · HSK Wiesbaden
Ludwig-Erhard-Str. 100
65199 Wiesbaden