PiD - Psychotherapie im Dialog 2004; 5(1): 51a-51b
DOI: 10.1055/s-2003-814871
Aus der Praxis
Behandlungsvertrag
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Behandlungsvertrag

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Publication Date:
02 August 2004 (online)

Behandlungsvertrag

Behandlungsplan für Patientinnen und Patienten mit anorektischer Essstörung

Sehr geehrte/r Frau/Herr ……………………………………………

Sie haben sich nach den ambulanten Untersuchungsgesprächen zu einer stationären Behandlung in unserer Klinik entschieden. In den letzten ambulanten Gesprächen mit Ihrem/r Einzeltherapeuten/in haben wir Ihnen ausführlich das hier praktizierte Behandlungsverfahren vorgestellt und erklärt. Zusammen mit Ihrem/r Einzeltherapeuten/in und einer Pflegekraft der Station PP II wird ihr Zielgewicht: 10 % unter dem Idealgewicht nach Broca (Körpergröße - 100 - 15 % bei Frauen/10 % bei Männern) festgelegt. Der Vertrag - zusammen mit Ihrer Unterschrift - dient uns und Ihnen als Leitfaden für Ihre Behandlung. Sie haben in dieser Behandlung die Möglichkeit, sich mit den Hintergründen Ihrer Erkrankung auseinanderzusetzen sowie eine Änderung Ihres Essverhaltens einzuleiten. Demgemäß basiert die Behandlung

  1. auf unserem integrativ ausgerichteten stationären Psychotherapie-Konzept und

  2. einem speziellen strukturierenden Behandlungsprogramm für anorektische Essstörungen.

1. Stationäre integrativ ausgerichtete Psychotherapie

  • Gruppentherapie

  • Gestaltungstherapie

  • Konzentrative Bewegungstherapie

  • Pflegegespräche

  • Einzeltherapie

  • Stationsärztliche Betreuung

  • Sozialarbeiterische Beratung

2. Strukturierendes Essstörungs-Programm

  • Festlegung eines Zielgewichtes (s. o.)

  • wöchentlicher Gewichtszuwachs von mindestens 700 g

  • 2 x wöchentliche Gewichtskontrolle

  • 5 Mahlzeiten pro Tag

  • gemeinsame Mahlzeiten im Speisesaal

  • 30-minütige Nachruhe nach jeder Mahlzeit

  • Ess- und Nachruhebegleitung beim Mittagessen

  • Kochgruppe, Einkaufsgruppe

Therapiekonzept:
Die ersten vier Wochen Ihres stationären Aufenthaltes dienen der Diagnostik und der Motivationsklärung. Das bedeutet, dass wir nach ca. drei Wochen gemeinsam mit Ihnen überprüfen, ob Sie von einer weiteren Behandlung profitieren können. Sollten wir zu der Einschätzung gelangen, dass eine weitere Behandlung zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Sinn macht, so erfolgt nach der vierten Woche ihres stationären Aufenthaltes die Entlassung. Eine Wiederaufnahme zu einem späteren Zeitpunkt ist prinzipiell möglich.

Allgemein gilt folgendes Behandlungsprogramm:

Es wird eine minimale wöchentliche Gewichtszunahme von 700 g gefordert.

Sie erhalten eine normale ausgewogene Verpflegung. Es ist Ihnen nicht gestattet, etwas anderes zu essen, zwischen den Mahlzeiten Imbisse zu sich zu nehmen oder Nahrung zu horten. Die tägliche Kalorienmenge beträgt ca. 2500 Kcal, aufgeteilt auf 5 Mahlzeiten. Wünsche bezüglich Ihrer Nahrung können im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung besprochen werden.

Die Mahlzeiten verteilen sich auf Frühstück, Mittagessen, Zwischenmahlzeit, Abendessen und Spätmahlzeit (ca. 21.00 Uhr). Nach jeder Mahlzeit sollen Sie eine 30-minütige (Bett-)Ruhe einhalten. Mit Ausnahme der Mittagsmahlzeit findet diese (Bett-)Ruhe in Ihrem Zimmer statt. Während des Mittagessens werden Sie von einer Pflegekraft begleitet, ebenso während der Nachruhe.

Das Essprogramm besteht aus vier Behandlungsstufen von jeweils mindestens vier Wochen Dauer. Sie erreichen immer dann die nächste Stufe, wenn Sie 1/3 der notwendigen Gewichtszunahme geschafft haben.

Die Gewichtsbestimmung erfolgt zweimal in der Woche, montags und donnerstags um 07.20 Uhr, nüchtern, nach dem Toilettengang, in Unterwäsche durch eine Pflegekraft der Station PP II. Im Hinblick auf den Behandlungsvertrag ist das donnerstags gemessene Gewicht relevant. Ihr Gewichtsverlauf wird dokumentiert.

Ihr Gewichtsverlauf wird jede Woche von dem Sie behandelnden Team unserer Klinik besprochen. Sollte keine konstante Gewichtszunahme erfolgen (700 g pro Woche), tritt folgendes Regelwerk in Kraft:

Grüne Karte: bis zum kommenden Donnerstag muss die geforderte Mindestzunahme (700 g) erreicht werden, andernfalls erhalten Sie die gelbe Karte.
Gelbe Karte: Ausgang: 2 Std. pro Tag in Begleitung einer/eines Mitpatientin/en auf dem Klinikgelände inkl. des Gruga-Parks, am Wochenende auch alleine (2 Std./Klinikgelände inkl. Gruga-Park). Besuche nur am Wochenende. Keine Wochenendbeurlaubung. Sollte es Ihnen innerhalb einer Woche nicht gelingen, die geforderte Mindestzunahme zu erreichen, erhalten Sie die rote Karte.
Rote Karte: Sie werden am folgenden Dienstag entlassen. Eine Wiederaufnahme ist prinzipiell möglich.

I. Stufe:
Ausgang: 2 Std. pro Tag in Begleitung einer/eines Mitpatientin/en auf dem Klinikgelände inkl. des Gruga-Parks, am Wochenende auch alleine (2 Std./Klinikgelände inkl. Gruga-Park).
Besuche nur am Wochenende.
Sportliche Betätigung, etwa Joggen, ist nicht erlaubt.
Zusätzlich zu der normalen Verpflegung erhalten Sie 2 x 200 ml Trinknahrung pro Tag.
Nach vier Wochen Ihres stationären Aufenthaltes sollen Sie eine Gewichtszunahme von mindestens 2000 g erreicht haben.
Die Gespräche mit dem/der Einzeltherapeuten/in belaufen sich auf 2 x 25 Minuten pro Woche.
Sie nehmen noch nicht an der Konzentrativen Bewegungstherapie und der Gestaltungstherapie teil.
Innerhalb der ersten vier Wochen müssen Sie mindestens 2000 g zunehmen, andernfalls werden Sie entlassen. Eine Wiederaufnahme ist prinzipiell möglich.

II. Stufe:
Die zusätzliche Trinknahrung entfällt. Sie nehmen an der normalen Verpflegung teil.
Sie dürfen die Klinik alleine und ohne zeitliche Begrenzung verlassen, aber nicht das Klinikgelände inkl. des Gruga-Parks.
2 Gespräche à 50 Minuten pro Woche mit dem/der Einzeltherapeuten/in.
Beginn der konzentrativen Bewegungstherapie und der Gestaltungstherapie.

III. Stufe:
An den Wochenenden werden Sie zur Belastungserprobung am Wohnort von Samstag 8 Uhr bis Sonntag 22 Uhr beurlaubt.
Sie haben freien Ausgang ohne Begleitung.
Beginn der Kochgruppe/Einkaufsgruppe.
Eine Essbegleitung und Nachruhe finden nicht mehr statt.

IV. Stufe:
Nach Erreichen Ihres Zielgewichtes (Donnerstag) erfolgt ab dem darauffolgenden Dienstag ein vierwöchiger tagesklinischer Aufenthalt. Nur in Ausnahmefällen (zu große geografische Distanz des Heimatortes von der Klinik, unüberwindbare verkehrstechnische Hindernisse) bleibt für Sie der vollstationäre Aufenthalt für die vier Wochen der IV. Stufe erhalten. Während der tagesklinischen Behandlung sind Sie wochentags von 8 Uhr bis 17 Uhr in der Klinik anwesend. Die Gestaltung der Abendmahlzeit obliegt Ihrer eigenen Verantwortung.

So weit möglich, wählen Sie die Zusammensetzung Ihrer fünf Mahlzeiten selbst, wobei eine ausgewogene Ernährung gewährleistet sein soll. Das Zielgewicht ist auf jeden Fall von Ihnen zu halten.
Eine Gewichtsbestimmung erfolgt nur noch donnerstags.
Regelhafter Bestandteil unseres Behandlungsangebotes ist ein Familiengespräch, dessen Zeitpunkt in Absprache mit Ihrem Einzeltherapeuten/Ihrer Einzeltherapeutin festgelegt wird.

Sollten Sie nicht in der Lage sein, die wesentlichen Punkte des Vertrages einzuhalten (Gewichtszunahme, Zusammensetzung der Nahrung, Teilnahme an der Therapie), kann ebenso wie bei gravierenden und/oder wiederholten Verletzungen der Vertragsbedingungen eine Entlassung erfolgen.

Eine vorzeitige Beendigung des stationären Aufenthalts kann auch dann erwogen werden, wenn aus Sicht des Behandlungsteams wichtige Ziele der Behandlung nicht erreicht werden können.
Eine Wiederaufnahme ist prinzipiell möglich.

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg für Ihre Behandlung

Ihr Behandlungsteam

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Hiermit erkläre ich, dass ich eine stationäre/teilstationäre psychotherapeutische Behandlung unter den oben aufgeführten Bedingungen wünsche. Es wurde ein Körpergewicht (Zielgewicht) von ………… Kg festgelegt, welches während des stationären Aufenthaltes erreicht werden sollte.


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(Unterschrift)