Abstract
Es wird der systemische Ansatz zur Behandlung von Inzest auf familientherapeutischer
Grundlage beschrieben. Dem Ansatz zufolge ist die wesentliche und unvermeidliche Auswirkung
von Inzest die Traumatisierung von Familienverhältnissen. Der systemische Ansatz versucht
daher, diese Verhältnisse zu klären, indem er die Beziehungen, die das missbrauchte
Kind unterstützen, stärkt und das Kind vor weiterem möglichen Missbrauch schützt.
Der Ansatz verbindet Ideen und Praktiken des sozialen Konstruktivismus, des Feminismus
und des familiensystemischen Denkens und stützt sich auf eine multimodale Herangehensweise
(Familienbehandlung, Zweier-, Einzel- und manchmal Gruppenbehandlung). Eine kurze
Fallgeschichte wird dargestellt, um die Arbeit mit einem jugendlichen Täter im Kontext
seiner Familie herauszustellen.
Key words
Inzest, Familientherapie, verletzte Beziehungen, Geschichten des Stolzes - Geschichten
der Schande, sozialer Konstruktionismus, Feminismus
Literatur
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1 Übersetzt von Angela Breitenbach, Berlin, und Jochen Schweitzer. Anmerkung der Herausgeber
zur Übersetzung: Wir haben den englischen Ausdruck „offending family member” im Deutschen
in diesem Text in der Regel mit „Täter” übersetzt und „non-offending family members”
mit „nicht tatbeteiligte Familienmitglieder”. Das widerspricht dem Konzept des Autors,
der lieber von „einer Person, die eine Tat begangen hat” spricht als von einem „Täter”.
„Offending family member” betont, dass das Begangenhaben der Tat nicht die gesamte
Person charakterisiert - dass sie z. B. nicht nur Vergewaltiger oder inzestuöse Handlungen
ausführender „Täter”, sondern in anderen Kontexten auch eine sympathische und von
ihren Angehörigen zu Recht geschätzte Person sein kann. „Non-offending family members”
umfasst alle Familienmitglieder außer dem Täter, potenziell also auch das Opfer, das
hiervon nicht abgehoben wird. Insofern ist es falsch, das Opfer in der deutschen Übersetzung
den „nicht tatbeteiligten Familienmitgliedern” zuzurechnen. Es wäre aber schrecklich
holprig gewesen, die englischen Ausdrücke unübersetzt zu belassen. Wo aber im Text
besonders die Eigenschaft des Täters angesprochen war, auch Familienmitglied zu sein,
haben wir andere Übersetzungen gewählt. So macht dieses Übersetzungsproblem ganz im
Sinne des von Peter Fraenkel erwähnten narrativen Ansatzes deutlich, wie viele ideologische
Implikationen in scheinbar „klaren” Worten stecken können.
2 Mit „Männern” meinen wir sowohl Männer als auch Jungen; diese Art von Sozialisation
beginnt sehr früh.
3 Alle Namen sowie Details, die zur Identifikation führen könnten, wurden geändert,
um die Anonymität der Familie zu gewährleisten.
Korrespondenzadresse:
Peter Fraenkel,Ph. D.
The College of the City University of New York
Zimmer 7/120
North Academic Center
138th Street and Convent Avenue
New York, NY 10031, USA