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DOI: 10.1055/s-2004-825701
Die Haut der Pflanzen
The Skin of the PlantsPublication History
Publication Date:
06 August 2004 (online)
Die Notwendigkeit einer Haut bei den ersten Landpflanzen
Die Entdeckung der ersten Landpflanzen ist eine aufregende Geschichte. 1917 haben Robert Kidston und William Lang [1] Fossilien aus mitteldevonischen schottischen Hornsteinblöcken als die berühmte Rhynia beschrieben, die für das Verständnis der frühen Landpflanzen-Evolution von größter Wichtigkeit sein sollte. Die Rhynia-Pflanzen waren, wie auch die später entdeckten, noch älteren Landpflanzenzeugen, z. B. Cooksonia aus dem oberen Silur (mehr als 400 Millionen Jahre alt), einfach gebaut. Sie bestanden aus gabelig verzweigten Stengeln, die man Telome nennt. Aus Telomen bzw. Telomständen begannen sich schon während dem unteren Devon die für die Höheren Landpflanzen bekannten drei Grundorgane Wurzel, Sprossachse und Blatt zu differenzieren. Eine Übergangsform ist Protolepidodendron (Abb. [1]).
Abb. 1 Eine der ersten Landpflanzen aus dem Unterdevon des Wahnbachtals bei Bonn, Protolepidodendron wahnbachense, ein Vorläufer der rezenten Bärlappgewächse, bei denen die reduzierten seitlichen Telome zu kleinen Blättern wurden; alle oberirdischen Pflanzenteile besitzen eine Cuticula mit Spaltöffnungen.
Dem hervorragenden Erhaltungszustand mancher Fossilien ist es zu verdanken, Beweisstücke zu finden, dass es sich bei den genannten Fossilien um Landpflanzen handeln muss. Die Pflanzenteile sind nämlich von einem Abschlussgewebe, der Epidermis, umgeben. Die Epidermis besteht im Allgemeinen aus einer Zellschicht, und die Außenwände dieser einschichtigen Haut sind durch Auflagerung von hydrophoben Zellwandschichten, die in ihrer Gesamtheit die so genannte Cuticula bilden, fast undurchlässig für Wasser und Luft und verhindern somit ein rasches Welken bzw. Austrocknen der in der Atmosphäre befindlichen Pflanzenteile. Die Luftundurchlässigkeit der Cuticula jedoch würde einen Einstrom der Kohlendioxid-Moleküle in den Pflanzenkörper, die bei der Photosynthese zum Aufbau der Kohlenhydrate gebraucht werden, unmöglich machen, wären da nicht Poren in der Haut, die die Zwischenzellräume (Interzellularen) im Gewebe mit der Außenluft verbinden. Diese Poren sind von zwei so genannten Schließzellen umgeben und werden Spaltöffnungen genannt (Abb. [2]). Vielleicht verhielten sich die Schließzellen bereits wie bei den heute lebenden Landpflanzen. Bei diesen enthalten sie im Gegensatz zu den übrigen Epidermiszellen Chloroplasten, und ihren Namen verdanken sie der Fähigkeit durch Bewegungen die Poren zu verschließen oder wieder zu öffnen. Das Öffnen geschieht durch eine Erhöhung des Innendrucks (Turgor) der Schließzellen. Die Regulation des Öffnungszustands der Poren erfolgt bei den rezenten Landpflanzen über die Wasserversorgung, die CO2-Konzentration im Gewebe, das Licht und die Temperatur. Dabei stehen mehrere Regelkreise miteinander in Wechselwirkung und gewährleisten eine „ideale” Balance zwischen Photosyntheseleistung und Verdunstung. Andererseits treibt die Verdunstung insbesondere über die Spaltöffnungen (rein physikalisch) die Wasserzufuhr aus dem Boden an (Transpirationssog).
Abb. 2 Oberfläche der Blattunterseite des Horn-Veilchens mit Spaltöffnungen (Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme; Photo C. Erbar).
Das Vorhandensein von Spaltöffnungen an der Oberfläche fossiler Pflanzenreste lässt natürlich den zwingenden Schluss zu, dass wir es mit Landpflanzen zu tun haben. Ein weiteres Indiz bietet die Existenz eines Wasserleitgewebes (verbunden mit einem Assimilatleitgewebe), das sich in Form eines schmalen Stranges in den Telomen zu erkennen gibt und die oberirdischen Teile der Pflanze mit Wasser aus dem Boden versorgt. Solche Leitstränge oder Leitbündel durchziehen später alle drei Grundorgane: Wurzel, Sprossachse und Blatt.
Literatur
- 1 Kidston R, Lang W H. On Old Red Sandstone plants showing structure, from the Rhynie Chert Bed, Aberdeenshire. Part I. Rhynia Gwynne-Vaughani Kidston & Lang. Transactions of the Royal Society of Edinburgh. 1917; 51 761-784
- 2 Barthlott W, Neinhuis C. Purity of the sacred lotus or escape from contamination in biological surfaces. Planta. 1997; 202 1-8
Prof. Dr. Peter Leins, Botaniker
HIP - Biodiversität und Pflanzensystematik
Im Neuenheimer Feld 345 · 69120 Heidelberg