psychoneuro 2004; 30(8): 456-460
DOI: 10.1055/s-2004-833667
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Besteht eine Korrelation des Alpha-Rhythmus zu kognitiven Prozessen? - Bestimmung der EEG-phasenbezogenen Mikro-Vigilanzen

Rüdiger Maier1 , Karl-Heinz Georgi2 , Axel Sauerbrey3
  • 1Klinik für Kommunikationsstörungen, Universität Mainz
  • 2Physikalisches Institut , Universität Mainz
  • 3Helios-Kliniken, Erfurt
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Publication Date:
17 September 2004 (online)

Zusammenfassung

Die psychophysiologische Messmethode zur Bestimmung der auditiven Ordnungsschwelle (OS) gewinnt als Testverfahren für diagnostische Zwecke sowie auch in der Sprachtherapie zunehmend an Bedeutung. Beobachtete (Makro-)Vigilanz-Schwankungen hinsichtlich der intraindividuellen Leistungen führten zu der Vermutung, dass im ZNS eine kontinuierliche Verarbeitung kognitiver Prozesse nicht erfolgt. Die Annahme einer Zeitstruktur der internen Prozeduren kann eine Erklärung für Vigilanz-Niveau-Schwankungen liefern. Die Bezugsgröße für Mikro-Vigilanz-Änderungen wird im Phasenwinkel des Alpha-EEG-Bandes vermutet. Zur Überprüfung dieser Hypothese wurde ein EEG-Komparator entwickelt, der eine phasenabhängige Triggerung der auditiven Testsignale ermöglicht. Im Vergleich zur stochastischen (nicht-phasenbezogenen) Reizung konnten bei allen phasenbezogenen OS-Tests deutlich niedrigere Schwellenwerte nachgewiesen werden. Bei der Mehrzahl der Probanden traten tendenziell die besten Ergebnisse bei den Phasenwinkeln von w = 90° und w = 270° auf. Das Ergebnis stützt die Hypothese, wonach kognitive Prozeduren mit einer Alpha-Synchronisation korrelieren. Darüber hinaus besteht die Vermutung, dass bei Denkprozessen Schwankungen der Vigilanz vorherrschen, und dabei der Alpha-Phasenbezug von Bedeutung ist.

Summary

The psychophysiological measuring method for the determination of the auditory Ordnungsschwelle (OS) is steadily gaining importance both in diagnostics and therapy for speech disorders. Observed intraindividual variability of (macro-) vigilance lead to the hypothesis of discontinuous cognitive processing in the central nervous system. The base for the variability of micro-vigilance is hypothesized to be in the phase difference of the alpha rhythm. To test for this hypothesis, we developed an eeg-comparator which allows for an phase-dependent triggering of auditory stimuli. In direct comparison to stochastic (i.e. non-phase-dependent) stimulus presentation, the threshold in phase-dependent OS-testing is distinctly lower. There are evidences that optimal results occurred at phase angles of w = 90° and w = 270°. Our findings support the hypothesis of a correlation between alpha rhythm and vigilance processes. Furthermore there seems to be evidence that memory processes go with changes in vigilancy and in this context the alpha phase correlation seems to be important.

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1 Zeit-Stringenz kognitiver Prozesse - Verrechnung in den neuronalen Strukturen: gleicher Zeitbedarf bei identischen Verarbeitungsschritten

Korrespondenzadresse:

Dipl.-Physiker Priv.-Doz. Dr. rer. nat. et med. habil. Rüdiger Maier

Klinik für Kommunikationsstörungen, Universität Mainz

55101 Mainz