Pneumologie 2005; 59 - 18
DOI: 10.1055/s-2005-862727

Die Lunge und Pleura innervierende Spinalganglienneurone sind pH-sensitiv – Eine Tracingstudie

M Groth 1, T Helbig 1, M Bodenbenner 1, S Wiegand 1, V Grau 2, RV Haberberger 1, W Kummer 1
  • 1Institut für Anatomie und Zellbiologie, Justus-Liebig-Universität, Gießen
  • 2Klinik für Allg. u. Thoraxchirurgie, Justus-Liebig-Universität, Gießen

Die sensible Innervation der Lunge erfolgt zum großen Teil über vagale Afferenzen, deren Zellkörper im Ggl. nodosum und Ggl. jugulare des N. vagus liegen. Unter diesen Neuronen befinden sich die gut charakterisierten langsam adaptierenden Dehnungsrezeptoren, „Irritanzienrezeptoren“ (schnell adaptierende Mechanorezeptoren) sowie C-Faser Afferenzen. Zusätzlich erhält die Lunge, wie auch die Pleura, Afferenzen aus thorakalen Spinalganglien (DRG), deren Funktion weitestgehend unklar ist.

In dieser Arbeit wurden die thorakalen spinalen Afferenzen zu Lunge und Pleura mittels retrogradem neuronalen Tracing, Dreifach-Immunfluoreszenz und Größenmessung näher charakterisiert. Der Schwerpunkt lag hierbei auf der Identifizierung von Ionenkanälen, die in die Schmerztransduktion involviert sind. Hierbei handelt es sich zum einen um den Vanilloidrezeptor TRPV1 (= VR1) und zum anderen um den in Nozi- und Mechanorezeption involvierten Acid Sensing Ion Channel-3 (ASIC3). Beide Kanäle sind pH-sensitiv. Hinweis auf die Leitungsgeschwindigkeit der so charakterisierten Neurone wurde durch Größenbestimmung des Perikaryons sowie immunhistochemisch mit einem Antikörper gegen ein Intermediärfilament myelinisierter Neurone, dem Neurofilament 68 (NF68).

Die Ergebnisse zeigen, dass zu Lunge und Pleura projizierende Spinalganglienneurone den ASIC3- und TRPV1-Kanal besitzen. Die Proteine charakterisieren unterschiedliche Populationen von Neuronen und sind nur in einem geringen Anteil der Neurone kolokalisiert. Bei pulmonalen und pleuralen spinalen Afferenzen nimmt der Anteil ASIC3-positiver Zellen mit der Größe und dem Myelinisierungsgrad der Neurone zu, wohingegen der Anteil TRPV1-positiver Zellen mit zunehmender Zellgröße abnimmt. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den pulmonalen und pleuralen Afferenzen ist der höhere Anteil von TRPV1 in Neuronen, welche die Pleura innervieren (Lunge: 31 %; Pleura: 49 %). Da TRPV1 als Marker für nozizeptive Neurone gilt, könnte dies die hohe Schmerzempfindlichkeit der Pleura erklären.

Diesen Ionenkanälen könnte eine Bedeutung in der Übermittlung unterschiedlicher durch Säure induzierter Schmerzqualitäten zukommen. So könnte ASIC3 für den „stechenden, gut lokalisierbaren“ durch A-Fasern vermittelten Schmerz, TRPV1 für den „viszeralen, schlecht lokalisierbaren“ C-Faser-Schmerz verantwortlich sein.