psychoneuro 2005; 31(2): 64
DOI: 10.1055/s-2005-865028
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Mixed-Pain häufiger als angenommen? - Neuropathie und Nozizeptorschmerz

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Publication Date:
08 March 2005 (online)

 

Für Prof. Thomas Tölle aus München haben fast alle Schmerzen eine neuropathische Komponente. Ein chronischer entzündlicher Nozizeptorschmerz, etwa bei einer rheumatoiden Arthritis, verletzt immer auch die Nerven, führt also zur Neuropathie. Andererseits werden aus zerstörten Nerven, zum Beispiel bei Polyneuropathie, Entzündungsmediatoren freigesetzt. Sie stimulieren an noch gesunden Nervenfasern die Ausbildung von Nozizeptoren. Es entsteht ein inflammatorischer Schmerz, der den ursprünglichen neuropathischen "Verletzungsschmerz" überlagern kann.

Verlangt das offenbar häufige Mixed-Pain-Syndrom eine andere, womöglich erweiterte Schmerztherapie? Bisher bekommen Patienten mit dominierendem Nozizeptorschmerz meist NSAR oder COX-2-Hemmer. Bei Neuropathien helfen Opioide, Antidepressiva und Antikonvulsiva, erläuterte Prof. Ralf Baron aus Kiel. Vielleicht sollten Patienten mit chronischen Schmerzen schon früh auch mit Medikamenten gegen die jeweils andere Schmerzform behandelt werden, meinten die Experten. Das sei in der Praxis wohl ohnehin üblich. Denn die Schmerzformen lassen sich selten klar voneinander trennen; außerdem hofft der Schmerzpatient auf rasche Linderung, egal welchem Schmerztyp er zuzuordnen ist. Nur Antidepressiva und Antikonvulsiva werden selbst bei offensichtlich neuropathischer Schmerzkomponente zu selten verordnet, so die Auffassung der Schmerztherapeuten.

Mit Pregabalin (Lyrica®) steht seit kurzem ein neues Medikament zur Behandlung peripherer neuropathischer Schmerzen zur Verfügung. Es handelt sich um ein GABA-Analogon, das den Kalziumeinstrom in die Nervenzelle moduliert.