psychoneuro 2005; 31(6): 294-295
DOI: 10.1055/s-2005-872002
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Denn der ganze Tag zählt - ADHS-Therapie mit Atomoxetin

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Publication Date:
30 June 2005 (online)

 

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) stellt eine der häufigsten psychischen Störungen im Kindesalter dar. Die Prävalenz wird in Deutschland auf 3-6% geschätzt, bei rund 3% der Betroffenen bestehen die ADHS-Symptome auch im Erwachsenenalter fort ([1]). Bei den betroffenen Erwachsenen verringert sich in der Regel zwar die motorische Unruhe, sie leiden jedoch oft nach wie vor unter verminderter Aufmerksamkeit, Impulsivität und einer inneren Unruhe.

Für die Betroffenen bedeutet die Erkrankung häufig eine lebenslange Beeinträchtigung. Als Kinder und Jugendliche leiden sie meist unter schulischen Misserfolgen und sozialer Ausgrenzung, oft treten außerdem komorbide Störungen wie Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen hinzu. Unbehandelte Erwachsene haben meist große Probleme in Beruf, Partnerschaft und sozialem Umfeld; Alkohol- bzw. Medikamentenmissbrauch sowie straffälliges Verhalten kommen vermehrt vor ([2]).

Bei der Therapie von ADHS wird heute ein multimodaler Behandlungsansatz empfohlen, der die Bausteine Psychoedukation, Psychotherapie und pharmakologische Therapie einzelfallabhängig miteinander kombiniert. Als medikamentöse Behandlungsoption steht seit Anfang des Jahres in Deutschland nun mit Atomoxetin (Strattera®) das erste nicht zu den Stimulanzien zählende ADHS-Medikament zur Verfügung. Die Substanz wurde in klinischen Studien an über 6000 Patienten untersucht und seit seiner Erstzulassung (USA, Nov. 2002) weltweit inzwischen über zwei Millionen Patienten verschrieben.

Als hochselektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer beeinflusst Atomoxetin sowohl das noradrenerge als auch das dopaminerge Transmittersystem und reguliert so die ADHS-Kernsymptome ([3]). Da die Substanz nicht zu den Psychostimulanzien zählt, fällt sie nicht unter das Betäubungsmittelgesetz (d.h. es entfällt das BtM-Rezept). Sie ist zur Behandlung von ADHS für Kinder ab sechs Jahren und Jugendliche zugelassen; eine Weiterbehandlung ins Erwachsenenalter hinein ist ebenfalls möglich ([4]).

Literatur

  • 1 Goldman   . et al . JAMA. 1998;  279 1100-1107
  • 2 Vermeiren  . Clin Psychol Rev. 2003;  23 277-318
  • 3 Bymaster  . et al . Neuropharmacology . 2002;  27 (5) 699-711
  • 4 Fachinformation Strattera®, Januar 2005. 
  • 5 Michelson  . et al . Am J Psychiatry. 2002;  159 (11) 1896-1901
  • 6 Michelson  . et al . Biol Psychiatry. 2003;  53 112-120
  • 7 Michelson  . et al . Pediatrics. 2003;  108 (5) e83
  • 8 Spencer  . et al . J Clin Psychiatry. 2002;  63 (12) 1140-1147
  • 9 Kelsey  . et al . Pediatrics . 2004;  114 (1) e1-e8
  • 10 Kratochvil  . et al . J Am Acad Child Adolesc Psychiatry. 2002;  47 (7) 776-784
  • 11 Wernicke  . et al . J Clin Psychiatry. 2002;  63 (12) 50-55
  • 12 Heil  . et al . Drug and Alcohol Dependence . 2002;  67 149-156
  • 13 Jasinski  . et al . Posterpräsentation AACAP-Kongress. 2004;