Psychiatrisches Krankenhaus, Klinik, Zentrum für Psychiatrie, Psychatrium
Trends und Wandlungen in den Bezeichnungen psychiatrischer Kliniken in Deutschland im 20. JahrhundertDepartment of Psychiatry, Centre for Psychiatry, PsychatriumTrends and Changes in the Names for Mental Health Care Institutions in Germany in the 20th CenturyDirk Carius1
, Holger Steinberg1
, Manfred Bauer3
, Matthias C. Angermeyer2
1Archiv für Leipziger Psychiatriegeschichte, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Universität Leipzig
2Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Universität Leipzig
Berufsstandpolitische Entwicklungen sowie Bemühungen, der Stigmatisierung psychisch Kranker zu begegnen, lassen sich als Hintergründe von Umbenennungen psychiatrischer Krankenhäuser im 20. Jahrhundert ausmachen. Eine erste wichtige Station ist die Ersetzung des Begriffes Heil- und Pflegeanstalt durch Krankenhaus in den 1950ern/1960ern. Die Zusammengehörigkeit von Klinik und komplementären Angeboten wird heute häufig durch Zentrum, der Ruf nach (Re-)Integration in die Gemeinde durch Soziale Psychiatrie namentlich angezeigt. Wurde früher der Träger der jeweiligen Institution benannt, ist nunmehr ein Trend weg vom Träger hin zu einer regionalen Komponente zu beobachten.
Abstract
This paper investigates trends in the history of names for psychiatric institutions in Germany in the 20th century. Professional lobbyism as well as efforts to fight stigmatisation of mentally ill patients form the background for name changes. The replacement of the term Heil- und Pflegeanstalt („Institution for the Cure and Care”) by Krankenhaus („hospital”) in the 1950s/1960s, when through the introduction of modern psychopharmaceuticals psychiatry finally got acknowledged as an equal medical discipline and at the same time broke with the dreadful heritage of Nazi psychiatry, was a major step. The unity of the hospital itself and complimentary mental health care institutions is often expressed by Zentrum („centre”) as is the preservation of the patients' ties and their reintegration into the community by Soziale Psychiatrie.
Literatur
1
Carius D, Angermeyer M C, Steinberg H.
Narrenhaus, Irrenanstalt, Heil- und Pflegeanstalt, Fachkrankenhaus - Zur Entwicklung der Bezeichnungen für psychiatrische Kliniken in Deutschland bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts.
Psychiat Prax.
2003;
30
438-443
2 Leipert M. Beteiligung der Rheinischen Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Galkhausen an der Vernichtung psychisch Kranker und Behinderter. In: Leipert M, Styrnal R, Schwarzer W (Hrsg) Verlegt nach unbekannt. Sterilisation und Euthanasie in Galkhausen 1933 - 1945. Köln; Rheinland-Verlag 1987: 22-38
4 Haas S. Die Tatsachen. Teil 2 zu: Eirund W, Haas S. Vom Irrenhaus zur Klinik für Psychiatrie … und zurück?. In: Vanja C, Haas S et al. (Hrsg) Wissen und Irren. Psychiatriegeschichte aus zwei Jahrhunderten - Eberbach und Eichberg. Kassel; Eigenverlag 1999: 279-293
5 Niederschrift über die Sitzung des Bezirksausschusses des Bezirkstages Unterfranken am 1. Juni 1964 in der Heil- und Pflegeanstalt Lohr am Main sowie Regierungsamtsblatt RE vom 03.02.1965 Nr. I/2 - 1380 a 1.
6 Kötscher L M. Unsere Irrenhäuser. Berlin; Langenscheidt 1912
1 Ende der 1990er rückte besonders der Landesverband Psychiatrie-Erfahrener Berlin Brandenburg Karl Bonhoeffer in die erste Reihe der Euthanasietäter und versuchte durch zweifelhafte Aktionen eine Namensänderung nicht nur dieser Einrichtung herbeizuführen. Dass die Klinik ihren angestammten Namen heute nicht mehr führt, hat neben der Neuordnung der öffentlichen Krankenhäuser in Berlin und der damit einhergegangenen Zusammenlegung mit dem Humboldtkrankenhaus zum Humboldtklinikum vor allem auch damit zu tun, dass bis auf die forensische Abteilung alle anderen auch eine räumliche Veränderung erfuhren.
Holger Steinberg
Archiv für Leipziger Psychiatriegeschichte, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Universität Leipzig