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DOI: 10.1055/s-2005-917976
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Ältere Depressionspatienten - Bei der Therapie bedenken: Multimorbidität ist die Regel
Publication History
Publication Date:
06 October 2005 (online)
Depressionen bei Älteren werden häufiger, sie sind von der Symptomatik her anders, Komorbidität ist die Regel und deshalb weist die Therapie bei diesen Patienten auch Besonderheiten auf - dies stellte Prof. Diethard Müller aus der Neurologisch-Psychiatrischen Gemeinschaftspraxis Ilmenau bei einem Pressegespräch von Merz Pharma in Frankfurt fest.
Keine Frage, auch und gerade die Ärzte müssen sich auf eine alternde Bevölkerung einstellen. Lag der Anteil der über 60-Jährigen 1995 in Deutschland noch bei 21%, wird er bis 2040 auf etwa 36% ansteigen. Und damit steigt auch die Zahl der Menschen mit Depressionen, denn bei über 60-jährigen wird die Häufigkeit mit 15%, bei Älteren in Heimen und bei längerem Krankenhausaufenthalt sogar mit 30% angegeben. Meist liegen bei den älteren Patienten noch weitere Krankheiten vor, darunter auch solche, die mit Depressionen einhergehen. Außerdem können Depressionen auch organische Krankheiten auslösen. So disponiert ein Schlaganfall zu Depressionen: In der Akutphase treten bei rund 33%, innerhalb eines Jahres bei rund 50% der Betroffenen Depressionen auf. Andererseits haben Depressionen ein ähnlich hohes Risiko zur Auslösung von Schlaganfällen wie die klassischen Risikofaktoren Alkohol, Nikotin, Diabetes, Adipositas und Hochdruck - und die Therapie mit Antidepressiva verbessert die Überlebenschancen deutlich. Depressionen führen auch zu einer Verdopplung des kardialen Risikos und die Sterblichkeit an Herzinfarkt korreliert mit der Schwere der Depression.
Deshalb müssen nach Müller in der medikamentösen Therapie depressiver Störungen im Alter einige Besonderheiten zu berücksichtigt werden, wie
eine veränderte Pharmakokinetik und -dynamik. Präparate sprechen oft schwächer an und es treten vermehrte Nebenwirkungen auf ältere Patienten nehmen meist mehrere Medikamente ein, es muss deshalb verstärkt auf Interaktionen geachtet werden es liegen meist Komorbiditäten vor, die entweder selbst Depressionen auslösen können oder die durch Depressionen verstärkt werden und es müssen mit dem Alter verbundene Besonderheiten depressiver Störungen berücksichtigt werden, häufig werden kognitive Einbussen und ein sozialer Rückzug festgestellt.
Klassische Trizyklika und moderne Antidepressiva sind nach Müller in ihrer Wirkung auf die Depression vergleichbar. Speziell bei älteren Patienten sind aber die Nebenwirkungen der Trizyklika erheblich - kognitive Störungen, eine Gewichtszunahme, Kardiotoxizität, delirante Episoden und eine geringere Compliance in der Langzeittherapie mit daraus folgender suboptimaler Dosierung müssen berücksichtigt werden.
Beim "Profil" älterer Patienten spricht viel für den Einsatz von Reboxetin (z.B. Solvex®) in der antidepressiven Therapie. Es handelt sich hier um das einzige Antidepressivum mit selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmung (NARI). Das noradrenerge Transmittersystem hat einen spezifischen Einfluss auf kognitive Funktionen (Konzentration, Lernen, Gedächtnis), auf die Aufmerksamkeit und auf die Fähigkeit zu sozialen Interaktionen, betonte Professor Göran Hajak aus dem Bezirksklinikum Regensburg - und dies sind bei depressiven alten Patienten besonders häufig vorhandene Symptome.
Zu selten werden Depressionen bei Älteren erkannt und wenn, dann werden sie nicht oder insuffizient therapiert. Von den 40%, die erkannt werden, erklärte Prof. Hans-Peter Volz, Krankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Schloss Werneck, erhalten nur 10 bis 15% eine suffiziente Therapie. Und dies, obwohl man weiß, dass diese Erkrankung z.B. bei älteren, allein stehenden Männern mit einer hohen Suizidalität einhergeht.
Vorteile für Reboxetin sieht Volz auch darin, dass es wenn überhaupt dann nur klinisch irrelevante Wechselwirkungen mit dem Cytochrom-P-450-System hat, über das viele Arzneimittel verstoffwechselt werden. Lediglich die Dosis sollte bei Älteren wegen der langsameren Metabolisierung um ca. ein Drittel verringert werden.
In einer aktuellen multizentrischen Anwendungsbeobachtung bestätigten sich Ergebnisse klinischer Studien. Bei 546 Patienten im Alter zwischen 61 und 100 Jahren, die unter Alltagsbedingungen in neurologisch-psychiatrischen, allgemeinmedizinischen und internistischen Praxen behandelt wurden, beurteilten rund 85% der Ärzte die Wirksamkeit der Therapie als "sehr gut" oder "gut" und die Verträglichkeit wurde sogar von 94% als "sehr gut" oder "gut" bezeichnet. So erweise sich auch bei älteren Patienten das Solvex® als gut verträgliches und hoch wirksames First-Line-Antidepressivum, fasste Volz die Ergebnisse zusammen.