Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P340
DOI: 10.1055/s-2005-919374

Therapieoptionen bei primärer und sekundärer Kamptokormie

G Reichel 1, A Stenner 1, W Hermann 1
  • 1Zwickau

Einleitung: Unter einer Kamptokormie wird eine unwillkürliche aktive Beugung des Rumpfes nach vorn, welche vor allem im Sitzen und Stehen auftritt, verstanden (Abb. 1). Die Krankheit ist seit über 180 Jahren bekannt, sie wurde bisher pathogenetisch unterschiedlich eingeordnet. Anhand einer Analyse von 22 behandelten Fällen mit primärer (segmentale Dystonie der Bauchwandmuskulatur) und sekundärer (vor allem beim idiopathischen Parkinsonsyndrom und bei MSA) Kamptokormie werden die Therapieerfahrungen mitgeteilt: Botulinumtoxin-Injektionen unter EMG-Kontrolle (Abb. 2) mit einer selbst entwickelten Kanüle in die Bauchmuskulatur und/oder orale Medikamente.

Ergebnisse: Während bei 12 der 22 behandelten Patienten allein Botulinumtoxin-Injektionen in die Mm. obliqui et rectus abdomini – gelegentlich zusätzlich auch die Mm. pectorales majores – genügten, um eine etwa drei Monate anhaltende, vom Patienten als ausreichend benannte Symptommilderung zu erreichen, musste bei 8 Patienten eine orale Behandlung (vor allem als Triple-Therapie mit Tetrabenazin, Trihexyphenidyl und Pimozid) zusätzlich oder – bei 4 Patienten – allein gegeben werden. Eine bei einer Patientin durchführte intrathekale Baclofen-Dauerbehandlung zeigte nur einen passageren Effekt. Zwei Patienten sprachen auf keine konservative Therapie an. Für diese stellt eventuell die tiefe Hirnstimulation eine Alternative dar: In der Literatur wurde inzwischen über die erfolgreiche tiefe Hirnstimulation bei der primären Kamptokormie berichtet. Für die Botulinumtoxin-Injektionen wird eine spezielle, elektromyographisch gestützte Technik vorgeschlagen.

Schlussfolgerungen: Unabhängig von der ätiologischen Einordnung kann die Kamptokormie in der überwiegenden Zahl der Fälle konservativ behandelt werden. Mittel der Wahl sind EMG-gestützte Botulinumtoxin-Injektionen in die Bauchmuskulatur.

Abb. 1 Patientin mit Kamptokormie.

Abb. 2 Zugehöriges EMG: Oben: M. rectus abdominis bds.; unten: M. latissimus dorsi bds.