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DOI: 10.1055/s-2005-920689
Der Einfluss von affektiven Störungen auf das Inanspruchnahmeverhalten medizinischer Leistungen in der deutschen Allgemeinbevölkerung
Fragestellung/Ziele und Forschungsfragen: Affektive Erkrankungen (AE) gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen in der Allgemeinbevölkerung weltweit. Unsere Analyse hat zum Ziel, den Einfluss der AE auf das Inanspruchnahmeverhalten medizinischer Leistungen zu ermitteln. Material und Methoden: Daten zum körperlichen und psychischen Gesundheitszustand von 4.181 Personen sowie deren Inanspruchnahmeverhalten von medizinischen Leistungen stammen aus dem Bundesgesundheitssurvey (1998). Studienteilnehmer mit AE wurden hinsichtlich ihres Inanspruchnahmeverhaltens verglichen mit denjenigen ohne AE. Ergebnisse: Personen mit AE (Lebenszeitprävalenz 20,6%) wiesen in den letzten 12 Monaten signifikant (p<0,001) mehr krankheitsbedingte Fehltage (Mittelwert 19,8 Tage) auf als solche ohne AE (Mittelwert 13,9 Tage). Darüber hinaus nehmen sie mehr Arztgruppen in Anspruch (3,2 vs. 2,5 Arztgruppen; p<0,001) und weisen mehr Arztbesuche unabhängig von der Arztgruppe auf (11,8 vs. 7,9; p<0,001). Menschen mit AE haben eine höhere Hospitalisierungsrate (2,4 vs. 1,4; p<0,001) und haben mehr körperliche Erkrankungen (3,0 vs. 2,4; p<0,001) als die Vergleichsgruppe ohne AE. In den letzten 12 Monaten wiesen 55,6% der Patienten beim Psychotherapeuten eine AE auf, beim Nervenarzt/Psychiater waren es 39,3%, beim Arzt für Naturheilkunde 35% und beim Arzt für Homöopathie 28%. Menschen mit AE haben in den letzten 12 Monaten zu 75,1% einen Allgemeinmediziner, zu 95,1% einen Facharzt irgendeiner Fachrichtung und lediglich zu 20% eine fachspezifische psychiatrische Behandlung bzw. psychotherapeutische Behandlung in Anspruch genommen. Schlussfolgerungen und Diskussion: Menschen mit AE weisen erhöhte Fehlzeiten und eine verstärkte Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen auf. Die Inanspruchnahme psychiatrischer/psychotherapeutischer Leistungen ist relativ gering ausgeprägt. Eine gezielte und effektive Steuerung dieser Patienten in Richtung auf eine fachspezifische psychiatrische/psychotherapeutische Behandlung ist erforderlich.