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DOI: 10.1055/s-2005-920709
Woher kommt leitlinienkonformes Praxiswissen von Ärzten?
Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen: Die Verbreitung von Evidenz und darauf basierenden Empfehlungen kann auf unterschiedlichem Weg – darunter auch Leitlinien – erfolgen. Fraglich ist nur, welche Informationsquellen sich bislang am wirkungsvollsten auf das Praxiswissen ausgewirkt haben. Dies wurde in einer empirischen Analyse des Leitlinienkonformität des Praxiswissens, der Informationspräferenzen sowie des selbst wahrgenommenen Informationsverhaltens neurologisch tätiger Ärzte in der Schlaganfallversorgung untersucht. Material und Methoden: Stichprobe: 99 Assistenz- und Oberärzte aus 30 neurologischen Kliniken/ Abteilungen,
Instrumente: mündliches strukturiertes Interview mit Ärzten, Inhaltsanalyse der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zum Schlaganfall, multizentrische Querschnittserhebung (11/2002–7/2003), Auswertung: lineare Regression. Ergebnisse: Die Übereinstimmung mit der Leitlinie ist um so höher, je weniger nützlich Informationen von niedergelassenen Fachärzten, von Tagungen/ Kongressen und aus Expertenvorträgen angesehen werden. Sie ist um so höher, je nützlicher Informationen aus Literaturdatenbanken und Fachzeitschriften bewertet werden. Hingegen kann aus dem tatsächlichen Nutzungsverhalten wenig auf die Leitlinienkonformität geschlossen werden, wobei die Nutzung von Informationen aus der Ausbildung (Studium) einen unabhängig negativen und die Nutzung von Literaturdatenbanken einen unabhängig positiven Einfluss auf die Zielgröße ausüben. Schlussfolgerungen und Diskussion: Aus Informationsquellen kann derzeit nur begrenzt auf praktisch vorhandenes Leitlinienwissen geschlossen werden. Dies kann einerseits auf den Unterschied von Evidenz und Empfehlung in Leitlinien, andererseits auf diffuse Informationsselektion durch Ärzte aus verschiedenen Quellen unterschiedlicher Evidenz zurückzuführen sein. Leitlinien spielen (noch) keine nachweisbare Rolle bei der Verbreitung evidenzorientierten Wissens.