Gesundheitswesen 2005; 67 - VF_P23
DOI: 10.1055/s-2005-920711

Häufigkeit und Versorgungssituation von älteren Patienten mit Frakturen oder erhöhtem Frakturrisiko in deutschen Hausaztpraxen – welche Informationen liefern elektronische Routinedaten?

R Heidenreich 1, J Sigle 1, E Kononov 1, M Kochen 1, C Scheidt-Nave 2
  • 1Abt. Allgemeinmedizin, Universitäts-Klinikum Göttingen
  • 2Abt. Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung, Robert Koch-Institut, Berlin

Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen. Frakturen im Alter stellen ein prioritäres Gesundheitsproblem dar, vorwiegend bedingt durch Osteoporose und erhöhte Sturzneigung. In Vorbereitung eines Modellprojektes zur Frakturprävention in der hausärztlichen Praxis wurde untersucht, inwieweit sich Häufigkeit und Versorgungssituation von Osteoporose und altersassoziierten Frakturen anhand von Routinedaten aus elektronischen Patientenakten (EPA) abbilden lassen. Material und Methode: Datengrundlage bilden pseudonymisierte EPA-Daten von Hausarztpraxen des KV-Bezirks Göttingen und des hausärztlichen Qualitätspraxen-Netzes Freiburg. 35% (145/419) aller kontaktierbaren Praxen sagten ihre Teilnahme zu. Bei 31% (130/419) gelang der technische Datenexport aus 6 Quartalen (04/2001–09/2002). Datensätze von 25% (106/419) konnten bislang in eine relationale Datenbank überführt und mit SAS 8.2 ausgewertet werden. Den Nenner bilden 37.935 Frauen und 24.959 Männer über 60 Jahre, für die während des Dokumentationszeitraums mindestens ein Beratungsanlass dokumentiert wurde. Ergebnisse: Altersstandardisierte Häufigkeiten für die Diagnosen Fraktur(en), Osteoporose und Fraktur + Osteoporose stellten sich in folgender Häufigkeit dar: 6,2%, 9,4%, 0,8% bei Frauen und 3,6%, 1,9%, 0,3% bei Männern. Die Häufigkeit dieser Diagnosen stieg bei Frauen kontinuierlich und bei Männern sprunghaft mit zunehmendem Alter an. Der Anteil von Patienten mit Osteoporose-spezifischer Pharmakotherapie variierte nach Diagnosegruppe und Geschlecht von 5,7% bis 55,8%. Informationen zu Osteoporose- und Sturzrisikofaktoren, diagnostischen Maßnahmen (z.B. Knochendichtemessung) und nicht-pharmakologischen Verordnungen wurden selten und unsystematisch dokumentiert. Schlussfolgerungen und Diskussion: EPA-Daten zu Frakturen und Osteoporose reflektieren nur zum Teil bekannte epidemiologische Zusammenhänge. Zur Beurteilung der Versorgungssituation und Evaluation von Leitlinienempfehlungen werden praxistaugliche Dokumentationsstandards benötigt.