Gesundheitswesen 2005; 67 - VF_P53
DOI: 10.1055/s-2005-920741

Analysen zum Behandlungsprozess in der Rehabilitation von Patienten mit psychischen Erkrankungen auf Grundlage von Routinedokumentationen: Möglichkeiten der Nutzung der Klassifikation Therapeutischer Leistungen (KTL)

H Schulz 1, D Barghaan 1, B Watzke 1, U Koch 1
  • 1Medizinische Psychologie, UKE Hamburg

Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen: In der Psychotherapieforschung kommt dem Behandlungsprozess neben dem Outcome eine besondere Bedeutung zu. Ein Problem stellt jedoch die Datenerhebung, insbesondere in der Routinepraxis dar. In der stationären psychotherapeutischen Behandlung, welche in Deutschland weit verbreitet ist, sind routinisierte Prozess-Erhebungen von großer Bedeutung. Mit der Klassifikation Therapeutischer Leistungen (KTL) liegt für den Bereich der Rehabilitation von Patienten mit psychischen/psychosomatischen Erkrankungen ein Instrument zur Erhebung von Prozessdaten vor, welches seit 1997 bundesweit in der Dokumentationsroutine der Angestelltenrentenversicherung eingesetzt wird. In der vorliegenden Studie wird die Frage untersucht, inwieweit versorgungsrelevante Fragestellungen zum rehabilitativen Behandlungsprozess aufgrundlage von KTL-Daten zu bearbeiten sind. Material und Methoden: Für die vorliegende Studie wurden von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) KTL-Daten von über 45.000 Patienten aus 65 Kliniken zur Verfügung gestellt, die im Jahr 2002 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt hatten. Die KTL-Daten wurden von den Kliniken im Rahmen des Entlassungsberichts der Rentenversicherung für jeden Patienten an die BfA übermittelt. Für die Dokumentation, welche in der Klinik durch die Behandler vorgenommen wird, ist ein vorgegebener alphanumerischer fünfstelliger Code zu benutzen, der jeweils für eine Leistung steht, die der Patient in der Klinik erhalten hat. Aufgrundlage dieser Daten konnten Art und Umfang verschiedener erhaltener Behandlungsmaßnahmen analysiert werden. Dabei wurden nach inhaltlichen Gesichtspunkten einzelne Leistungscodes der KTL in Oberkategorien zusammengefasst. Die Berechungen der Dosis an erhaltenen Maßnahmen erfolgte in Minuten, was durch zeitliche Mindestangaben in den Operationalisierungen der einzelnen Leistungscodes möglich war. Ergebnisse: Es konnte gezeigt werden, dass aufgrundlage der KTL-Daten Prozessanalysen zu wesentlichen versorgungsrelevanten Fragestellungen möglich waren: Zum einen wurde die Verteilung von verhaltenstherapeutischen und psychodynamischen Verfahren analysiert und zum anderen konnte das Verhältnis von erhaltenen psychotherapeutischen Leistungen und nicht-psychotherapeutischen Leistungen (z.B. Physiotherapie oder Ergotherapie) ermittelt werden. Auch die Verteilung und das Verhältnis von Gruppen- und Einzelpsychotherapie wurde analysiert. Einen Schwerpunkt der Analysen bildeten Vergleiche zwischen den einzelnen Kliniken hinsichtlich der untersuchten Prozessparameter. Schlussfolgerungen und Diskussion: Die KTL als Routinedokumentationssystem ist geeignet, Daten für die Analyse wesentlicher versorgungsrelevanter Fragestellungen zum Behandlungsprozess zu liefern. Obwohl die KTL in der Routinedokumentation der Rentenversicherung seit Mitte der 90er Jahre eingesetzt und regelmäßig überarbeitet wird, fehlt es bisher noch an Untersuchungen zu ihrer Reliabilität und Validität für den Bereich der Rehabilitation von Patienten mit psychischen Erkrankungen. Für eine weitergehende Bewertung der Ergebnisse müssten diese Analysen noch vorgenommen werden.