Gesundheitswesen 2005; 67 - VF_P68
DOI: 10.1055/s-2005-920756

Evaluation von Arzneimitteln nach der Marktzulassung: ein internationaler Vergleich

A Zentner 1, M Velasco-Garrido 1, R Busse 1
  • 1TU Berlin

Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen: Erstmals in Deutschland wird der Nutzen von Arzneimitteln durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit bewertet. Zudem gelten für patentgeschützte Arzneimittel ohne therapeutische Verbesserung seit 2004 erneut Festbeträge. Wir analysierten Kriterien und Methoden der vergleichenden Arzneimittelbewertung bei Entscheidung zum Leistungskatalog oder der Preisbildung in anderen EU/OECD-Ländern (Auftrag der Deutschen Agentur für HTA beim DIMDI). Material und Methoden: Internet-, Handsuche und systematischer Literaturrecherche. Ergebnisse: Alle elf eingeschlossenen Länder berücksichtigen den klinisch-therapeutischen und den Mehrnutzen aus Patientenperspektive als wesentliches Bewertungskriterium und zwar entweder im Vergleich zur üblichen, zur besten oder zur günstigsten therapeutischen Alternative. Außer in Frankreich und der Schweiz ist die Kosteneffektivität obligates Entscheidungskriterium (Kosten-Nutzwertanalysen bevorzugt). International besteht zudem Konsens, dass ein Arzneimittel, das erstmals die wirksame Behandlung einer Erkrankung ermöglicht, einen wesentlichen Zusatznutzen bietet. Bei weiteren Bewertungsaspekten besteht jedoch eine bemerkenswerte Diskrepanz (z.B. pharmakologische und innovative Eigenschaften, Bedarf der Bevölkerung und Verteilungsgerechtigkeit, Auswirkungen auf das Gesundheitsbudget und Bevölkerungsgesundheit, Prioritäten der Regierung und Herstellerausgaben für Entwicklung und Forschung). Die Anforderungen an die Evidenz variieren von Land zu Land, jedoch gelten valide randomisierte, kontrollierte head-to-head-Studien unter den Bedingungen der Versorgungspraxis als Goldstandard. Um trotz des Mangels von direkt vergleichenden Phase IV-Studien Empfehlungen aussprechen zu können, weichen viele Institutionen auf andere, weniger intern-valide Studiendesigns sowie auf Modellierung einschließlich indirekter Vergleiche aus. Schlussfolgerungen und Diskussion: Die Evaluation von zugelassenen Medikamenten hat sich zwar in vielen Industrieländern als gesundheitspolitisches Instrument der Arzneimittelregulierung etabliert, ist jedoch im internationalen Vergleich inhomogen. Dies macht nicht nur einen nationalen, sondern auch einen internationalen Konsens zu Kriterien, Anforderungen und Methoden der Arzneimittelevaluation erforderlich.