Klin Monbl Augenheilkd 2006; 223(10): 828
DOI: 10.1055/s-2006-926681
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Klassifikation der Hornhautdystrophien

Classification of corneal dystrophiesW. Lisch1
  • 1Augenklinik des Klinikums Hanau
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Publikationsverlauf

Eingegangen: 13.1.2006

Angenommen: 26.1.2006

Publikationsdatum:
25. Oktober 2006 (online)

Im Laufe der letzten 15 Jahre ist eine Vielzahl von internationalen Publikationen über Hornhautdystrophien (HD) erschienen, die insbesondere durch molekulargenetische Untersuchungen neue Erkenntnisse aufzeigen konnten. So wurden Mutationen im Transforming Growth Factor Beta Induced (TGFBI)-Gen, das für das Kerato-Epithelin codiert, als Ursache der zu Chromosom 5q31 gekoppelten Hornhautdystrophien identifiziert. In diesem Zusammenhang wird aktuell in diesem Heft über deutsche Familien mit granulärer HD Typ I und II, gittriger HD Typ I und Thiel-Behnke HD berichtet [1]. Das TGFBI-Gen wird in den Epithelzellen und Keratozyten der Hornhaut exprimiert, ein Hinweis, der nicht für die ausschließliche epitheliale Genese der gittrigen HD spricht. Es ist nämlich schwer vorstellbar, dass die für diese Dystrophieform typischen, schräg im Stroma verlaufenden Gitterlinien rein epithelialen Ursprungs sein sollen. Für die gittrige HD sind bis heute über 20 verschiedene Mutationen beschrieben worden mit der Folge, dass teilweise neue phänotypische Krankheitsbilder vorgestellt wurden.

Die verschiedenen Formen von HD werden heute nach klinischen, histologischen und molekulargenetischen Eigenschaften charakterisiert. In der Vergangenheit wurden für die einzelnen Formen unterschiedliche und missverständliche Bezeichnungen bzw. Synonyme publiziert, da bisher eine verbindliche internationale Klassifikation fehlt. Außerdem war in den letzten Jahren ein Trend zu beobachten, die jeweilige Dystrophieform unter dem Aspekt der molekulargenetischen Störung zu klassifizieren. Eine rein molekulargenetische Klassifizierung der HD stellt den Augenarzt jedoch vor große Interpretationsprobleme.

Der Augenarzt ist der erste, der einen neuen Patienten mit einer fraglichen HD an der Spaltlampe zu untersuchen und diagnostizieren hat. Zur Diagnosefindung benötigt er eine Klassifikation, die primär auf klinische Charakteristika des jeweiligen Hornhautbefundes aufgebaut ist. In diesem Zusammenhang wird in diesem Heft auch über die klinische Differenzialdiagnose epithelialer HD berichtet [2].

Im Jahre 2005 wurde auf unsere Intention hin das „International Committee on Classification of Corneal Dystrophies” - kurz IC3D gegründet, das von der amerikanischen Cornea Society organisiert und von der American Academy of Ophthalmology unterstützt wird. Das Hauptanliegen ist, eine international verbindliche und akzeptierte Klassifikation der HD auszuarbeiten. Für die Präsentation neuer wissenschaftlicher Publikationen über HD sollen Richtlinien für die Autoren, aber auch für die Peer Review der ophthalmologischen und genetischen Zeitschriften vorgestellt werden.

Literatur

  • 1 Grünauer-Kloevekorn C, Braeutigam S, Weidle E. et al . Molekulargenetische und histopathologische Untersuchungen zur Genotyp-Phänotyp-Analyse bei Patienten mit TGFBI-gekoppelten Hornhautdystrophien.  Klin Monatsbl Augenheilkd. 2006;  223 829-836
  • 2 Butros S, Lang G K, Alvarez de Toledo J. et al . Die verschiedenen Trübungsmuster der Lisch-Hornhautdystrophie.  Klin Monatsbl Augenheilkd. 2006;  223 837-840

Prof. Dr. med. Walter Lisch

Augenklinik Klinikum Hanau

Leimenstraße 20

63450 Hanau