Notfall & Hausarztmedizin 2006; 32(2): 96-98
DOI: 10.1055/s-2006-934072
Notfallmanagement in der Arztpraxis

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Teil 10 - Lebensrettende Sofortmaßnahmen bei Kindern

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
01. März 2006 (online)

Medizinische Grundlagen und Prinzipien des Vorgehens

Bei vielen pädiatrischen Notfällen stehen respiratorische Probleme im Vordergrund. Auch ein Kreislaufstillstand im Kindesalter hat selten eine primär kardiale Ursache, sondern ist in der Regel das Ergebnis einer sich verschlechternden respiratorischen Situation. Ursachen hierfür können Erkrankungen der Atemwege (z. B. Epiglottitis oder Asthma), der Lunge (z. B. Pneumonie) oder des Atemzentrums (z. B. beim Krampfanfall) sein. Häufig geht dem Herzstillstand eine Bradykardie voraus. Kammerflimmern oder pulslose ventrikuläre Tachykardien treten im Vergleich zum Erwachsenenalter seltener auf.

Ein relativ häufiges Notfallereignis bei Kleinkindern ist die Verlegung der Atemwege nach einer Aspiration von Fremdkörpern (z. B. kleine Geldmünzen, Erdnüsse). Meist gelingt es dem Kind, den Fremdkörper wieder herauszuhusten. Kommt es jedoch zu einer hochgradigen Stenose oder gar vollständigen Blockade, dann entsteht sehr schnell eine lebensbedrohliche Situation. Die lebensrettenden Sofortmaßnahmen beim Kind unterscheiden sich nicht in den Grundsätzen, wohl aber im Detail von den Maßnahmen beim Erwachsenen.

In unklaren Notfallsituationen wird zuerst durch Ansprechen die Bewusstseinslage überprüft. Liegt eine Bewusstlosigkeit vor, muss sofort der Notfallplan der Praxis aktiviert und der Notarzt angefordert werden. Um zu überprüfen, ob der Patient atmet, werden die Atemwege durch Kopfüberstrecken und Kinnanheben geöffnet. Bei Säuglingen, das heißt Kindern unter einem Jahr, unterbleibt die Überstreckung des Kopfes. Lässt sich durch Sehen, Fühlen und Hören keine Atmung feststellen wird 5-mal beatmet. Falls für die Beatmung keine Hilfsmittel zur Verfügung stehen, findet bei Kindern über einem Jahr eine Mund-zu-Mund-Beatmung statt, bei kleineren Säuglingen hingegen umschließen die Lippen des Atemspenders gleichzeitig die Mund- und Nasenöffnung. Sind nach fünf Atemspenden keine Zeichen eines Kreislaufs vorhanden (Bewegungen, Husten, normale Atmung) werden Herzdruckmassagen und Beatmungen im Verhältnis 15:2 durchgeführt.

Bei einer Blockade der Atemwege durch Fremdkörper werden Schläge zwischen die Schulterblätter verabreicht. Hilft dies nicht, werden bei Kindern über einem Jahr Oberbauchkompressionen und bei Säuglingen Thoraxkompressionen durchgeführt. Die mit diesen Manövern verbundene intrathorakale Druckerhöhung soll den Fremdkörper herausschleudern. Bleiben diese Maßnahmen ohne Erfolg und verliert das Kind das Bewusstsein, werden fünf Atemspenden durchgeführt. Falls die Blockade fortbesteht erfolgen Thoraxkompressionen und Beatmungen im Wechsel.

Im Folgenden werden - in Anlehnung an die Guidelines des European Resuscitation Council 2005 - die wichtigsten lebensrettenden Sofortmaßnahmen für Kinder besprochen. Die Ausführungen sind für Praxen gedacht, denen keine spezielle pädiatrische Notfallausstattung zur Verfügung steht.

Anschrift für die Verfasser

Dr. med. Hubert Reichle
Ingo Wahlster

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