psychoneuro 2006; 32(12): 569
DOI: 10.1055/s-2006-958818
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Recht auf Therapie - Zwischen den Stühlen

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Publication Date:
22 January 2007 (online)

 

Prof. Hans-Jürgen Möller (München)[1] umriss die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die sich derzeit in bisher nicht gekannter Weise auf die Medizin auswirken. So werden therapeutische Maßnahmen nicht mehr wie bislang anhand ihrer Wirksamkeit auf Krankheitsprozesse und Symptome und ihrer Nebenwirkungen bewertet, sondern anhand ihres "Nutzens". Dieser "Nutzen" ist eine unscharf definierte, stark politisch und gesellschaftlich bedingte Größe, in deren Feststellung neben Wirksamkeit und Nebenwirkungen zusätzliche Parameter wie Relevanz, Akzeptanz, Alltagstauglichkeit, Kosten oder Lebensqualität eingehen.

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), das diese Bewertungen vornehmen soll, entwickele sich neben dem Bundesamt für Arzneimittelsicherheit und der EMEA zu einer Art zusätzlicher Zulassungsbehörde. Der Nutzen einer medikamentösen Therapie von Demenzpatienten mit den Acetylcholinesterasehemmern und Memantine wurde im Hinblick auf die "patientenrelevanten Endpunkte" kognitive Leistungsfähigkeit, Alltagsfunktion der Patienten und Entlastung ihrer Betreuungspersonen durch Prof. Frölich (Mannheim) dargestellt.

Prof. Wade (Glasgow) erörterte in seinem anschließenden Vortrag mit dem Titel "Real life patients may fall between guidelines" den Nutzen und die Problematik von Leitlinien, insbesondere für die Versorgung depressiver Patienten. Er kam zu dem Schluss, dass solche Leitlinien eher eine didaktische als eine klinische Funktion haben. Sie mögen der grundsätzlichen Orientierung des Arztes dienen, stellen jedoch keine standardisierten und in jedem Fall sinnvollen Prozeduren für die Versorgung von Patienten dar. Es kommt nicht selten vor, dass die Leitlinien einzelnen Patienten eindeutig nicht gerecht werden.

Prof. Georg Adler, Mannheim

01 Satellitensymposium "Recht auf Therapie - Spannungsfeld zwischen Politik und evidenzbasierter Medizin am 24. November, im Rahmen des DGPPN-Kongresses, unterstützt von Lundbeck GmbH