Aktuelle Neurologie 1999; 26(1): 35-39
DOI: 10.1055/s-2007-1017606
Aktueller Fall

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Doppelseitige Dissektionen der Vertebralarterien nach chiropraktischer Behandlung der Halswirbelsäule

Bilateral Vertebral Dissection Following Chiropractic Manipulation of the NeckF. Leweke1 , U. Teschendorf1 , E. Stolz1 , A. Kern2 , M. Hahn1 , W. Dorndorf1
  • 1Zentrum für Neurologie und Neurochirurgie der Justus-Liebig-Universität Gießen
  • 2Abteilung für Neuroradiologie der Justus-Liebig-Universität Gießen
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
30. Januar 2008 (online)

Zusammenfassung

Als Ursache einer Dissektion der Vertebralarterien kommen neben stumpfen und penetrierenden Halsverletzungen auch ruckartige aktive oder passive Kopfbewegungen in Frage. Die resultierenden hämodynamischen Veränderungen infolge eines konsekutiven Gefäßverschlusses oder einer Stenose können ebenso wie arterio-arterielle Embolien Ursachen vertebrobasilärer Ischämien sein.

Wir berichten über eine 34jährige Frau, die unmittelbar im Anschluß an eine chiropraktische Behandlung der Halswirbelsäule stechende Nackenschmerzen gefolgt von Drehschwindel, rezidivierendem Erbrechen und passageren Doppelbildern bekam. Kernspintomographisch war ein Kleinhirninfarkt im Versorgungsgebiet der A. cerebelli inferior posterior links nachweisbar. Die Farbduplexsonographie ergab eine Dissektion beider Vertebralarterien, die rechts zu einer Einengung des Gefäßlumens um 50% und links zu einem Gefäßverschluß geführt hatten. Trotz therapeutischer Antikoagulation mit Heparin kam es am 11. Krankheitstag zu einem Infarkt in der Medulla oblongata.

Verglichen mit Literaturberichten ist die bilaterale Vertebralisdissektion als Folge eines chiropraktischen Manövers eine Seltenheit. Einseitige Dissektionen sind häufiger beschrieben worden.

Diese Kasuistik macht erneut auf mögliche und nicht so seltene ernste Komplikationen einer chiropraktischen Manipulation der Halswirbelsäule aufmerksam. Wir halten es für unumgänglich, Patienten vor einer geplanten Behandlung gezielt über diese Gefahr aufzuklären.

Summary

Dissection of the vertebral arteries result from blunt or penetrating neck injuries as well as abrupt active or passive movements of the head. The resulting haemodynamic changes are due to occlusion or stenosis as well as arterio-arterial embolism and can lead to vertebrobasilar ischaemia.

We report on a 34-year old woman who developed neck pain, dizziness, recurrent vomiting and transient diplopia immediately after neck manipulation. MRI showed left cerebellar infarction in the territory of the posterior inferior cerebellar artery (PICA). Colour-coded duplex sonography revealed dissection of both vertebral arteries leading to 50% stenosis on the right side and occlusion on the left side. Despite anticoagulation an infarction in the medulla oblongata occurred on the eleventh day after manipulation.

According to the literature bilateral dissection of the vertebral artery due to neck manipulation is rare. Unilateral dissection has been observed more frequently. This case illustrates the potentially serious consequences of chiropractic manipulation of the neck. For this reason, we think it is necessary to inform patients about possible complications before neck manipulation.